Oft stellt sich für diejenigen, die Kryptowährungen kaufen oder verkaufen oder als Entgelt für eine Dienstleistung akzeptieren die Frage, ob Umsatzsteuer anfällt. Lange Zeit war die umsatzsteuerliche Behandlung stark umstritten. Nunmehr sind allerdings die meisten Fragen geklärt.
Umsatzsteuer fällt nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG für Lieferungen und sonstige Leistungen an, die von einem Unternehmer im Inland im Rahmen seines Unternehmens gegen Entgelt ausgeführt werden.
Die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft i.S.v. § 2 UStG setzt die Ausübung einer nachhaltigen Tätigkeit mit Einnahmenerzielungsabsicht voraus. Sofern der An- und Verkauf von Bitcoins als gewerbliche oder selbstständige Tätigkeit des Steuerpflichtigen einzuordnen ist, was bei Vorliegen der Voraussetzungen gewerblichen Kryptohandels - die nach hier vertretener Auffassung denen des gewerblichen Wertpapierhandels entsprechen - zu bejahen ist, liegt die Unternehmereigenschaft vor. Ausreichend ist jedoch bereits eine nachhaltige Tätigkeit, welche zur Einnahmenerzielung dient, wobei Umsatzsteuer nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben wird, wenn die Bruttoumsätze im vorangegangenen Kalenderjahr EUR 17.500,- nicht überstiegen haben und im aktuellen Kalenderjahr EUR 50.000,- voraussichtlich nicht übersteigen werden.
Der Kauf bzw. Verkauf einer Kryptowährung stellt einen Tausch in bzw. von einer konventionellen Währung dar und ist somit als eine Dienstleistung und steuerbare sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 UStG einzuordnen. Die Frage, inwiefern eine Steuerbefreiung solcher Leistungen in Betracht kommt, war bis zu dem EuGH-Urteil v. 22.10.2015 (Hedquist) umstritten.
Der EuGH hatte bereits mit Urteil v. 22.10.2015 (Hedquist) entschieden, dass der Umtausch einer Kryptowährung in eine konventionelle Währung und umgekehrt nach Art. 135 Abs. 1 Buch. e MwStSysRL von der Mehrwertsteuer befreit sei, da es sich bei Kryptowährungen um Währungsmittel und nicht um einen „Gegenstand“ i.S.v. Art. 14 MwStSystRL handele. Es handele sich somit bei einem Tausch von Kryptowährungen in konventionelle Währungen um Dienstleistungen i.S.v. Art. 24 MwStSystRL und nicht um die Lieferung von Gegenständen nach Art. 14 MwStSystRL. Darüber hinaus seien von Art. 135 MwStSysRL nicht nur konventionelle Währungen umfasst. Begründet hat der EuGH diese Auslegung zum einen mit dem Sinn und Zweck der Norm. Dieser bestehe in der Beseitigung von Schwierigkeiten hinsichtlich der Höhe der abzugsfähigen Vorsteuerbeträge und der Bemessungsgrundlage bei der Besteuerung von Finanzgeschäften. Zum anderen führt das Gericht als Begründung für seine Auslegung die verschiedenen Sprachfassungen der Mitgliedsstaaten an, nach welchen nicht eindeutig feststellbar sei, ob sich die Vorschrift nur auf konventionelle Währungen beziehe.
Dieses EuGH-Urteil bedeutet übertragen auf Deutschland, dass § 4 Nr. 8 b UStG - nach welchem die Vermittlung von Umsätzen von gesetzlichen Zahlungsmitteln umsatzsteuerfrei ist - europarechtskonform ausgelegt werden muss, sodass auch Kryptowährungen hierunter zu fassen sind.
Am 27.02.2018 veröffentlichte das BMF ein Schreiben zur „Umsatzsteuerlichen Behandlung von Bitcoins und anderen sog. virtuellen Währungen“, in welchem es u.a. mitteilt, dass es sich bei dem Umtausch von konventionellen Währungen in Bitcoins und umgekehrt um eine steuerbare, sonstige Leistung handele, dessen Umsatzsteuerfreiheit sich aber aus der richtlinienkonformen Auslegung des § 4 Nr. 8 b UStG ergebe. Diese Einordnung durch das BMF erscheint nicht nur konsequent im Hinblick auf das höherrangige EU-Recht, sondern ist auch systemkonform, wenn man bedenkt, dass Kryptowährungen vergleichbar konventionellen Währungen als Zahlungsmittel verwendet werden und nach Abschn. 1.1 Abs. 3 S. 3 UStAE die bloße Entgeltentrichtung keine Leistung im wirtschaftlichen Sinne ist, wie sie für einen Leistungsaustausch nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erforderlich wäre.
Über eine Umsatzsteuerpflicht beim gewerblichen Mining hatte der EuGH bislang nicht zu entscheiden.
Umsatzsteuer fällt nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG - wie oben dargestellt – dann an, wenn insbesondere ein entgeltlicher Leistungsaustausch vorliegt. Beim Mining fehlt es jedoch an einem Leistungsaustausch, da es zum einen zu keinen vertraglichen Beziehungen mit Dritten kommt und darüber hinaus das „Entgelt“ für die Miningtätigkeit vom Miner selbst generiert wird. Insbesondere mangelt es an einem individuell bestimmbaren Leistungsempfänger. In der Fachliteratur wird das Mining daher überwiegend als nicht umsatzsteuerbar eingeordnet. Lediglich eine Literaturstimme Dietsch, MWStR 2018, 250, 253) bejaht einen Leistungsaustausch und demzufolge eine Steuerbarkeit. Begründet wird dies mit dem Umstand, dass als unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung „ein irgendwie geartetes Rechtsverhältnis, insbesondere ein gegenseitiger Vertrag“ ausreichend sei, welcher in Form eines zivilrechtlichen Schuldverhältnisses zwischen Zahlendem und Miner vorliegend existieren würde. Letztlich sei jedoch nur der tatsächliche Leistungsaustausch maßgeblich. Dies kann aber m.E. allenfalls für die Verifikation von Transaktionen und nicht für das Mining von Coins gelten (siehe hierzu auch die entsprechende ertragsteuerliche Differenzierung. In Bezug auf das Minen von Coins liegt jedoch gerade kein Leistungsaustausch vor, da es an einem individuell bestimmbaren Leistungsempfänger fehlt, welcher für die Bejahung eines Vertragsverhältnisses erforderlich ist.
Von einer Literaturstimme (Pielke, IWB Nr. 6 2018, 234, 236). wird jedoch auch vertreten, dass im Falle des Pool-Minings oder Cloudmining etwas anderes gelte, da in diesem Fall die zur Verfügung gestellte Rechenleistung eine steuerbare sonstige Leistung i.S.v. § 3a Abs. 5 S. 2 Nr. 3 UStG darstelle und ein Entgelt in Form der Beteiligung an den geminten Bitcoins.
Hinsichtlich des Minings von Bitcoins verweist der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Meister auf Nachfrage der Bundestagsabgeordneten Paus (BT-Drs. 19/370 vom 05.01.2018, 22) darauf, dass dessen umsatzsteuerliche Behandlung noch nicht abschließend geklärt ist. Jedoch wurden seitens der Europäischen Kommission bereits Erörterungen im Mehrwertsteuerausschuss angestoßen.
Das o.g. BMF-Schreiben vom 27.02.2018 bezieht sich zunächst nur auf Bitcoins, jedoch ist es auf andere virtuelle Währungen übertragbar, soweit diese Währungen keinem anderen Zweck als der Verwendung als Zahlungsmittel dienen und von den an der Transaktion Beteiligten als Zahlungsmittel akzeptiert werden. Ausgeschlossen ist somit virtuelles Spielgeld. Nach diesem BMF-Schreiben stellt die Leistung eines Miners einen nicht steuerbaren Vorgang dar. Bei der an den Miner gezahlten sog. Transaktionsgebühr handele es sich um eine freiwillige Zahlung, welche in keinem unmittelbaren Zusammenhang zur Leistung des Miners stehe. Auch der systemseitige Erhalt neuer Coins stelle keine Entlohnung des Miners dar, da aufgrund des fehlenden Leistungsaustauschs dieser nicht als Entgelt für die Minerleistung erbracht werde. Das BMF hat sich somit begrüßenswerter Weise der überwiegenden Literaturansicht angeschlossen.
Bei privatem Mining kann zwar u.U. die Unternehmereigenschaft des § 2 Abs. 1 UStG erfüllt sein, obwohl keine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des EStG vorliegt, wenn der Miner nachhaltig und mit Einnahmenerzielungsabsicht handelt. Umsatzsteuerrechtlich kommt es nicht auf Gewinnerzielungs-, sondern auf Einnahmeerzielungsabsicht an. Insofern ist der Begriff des „Unternehmers“ weiter gefasst, als der der gewerblichen Tätigkeit nach dem EStG. Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG ist gewerblich oder beruflich - als Voraussetzung für die Unternehmereigenschaft - jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht fehlt, Gewinn zu erzielen. Wenn Nachhaltigkeit gegeben ist (vgl. Abschn. 18 Abs. 2 UStR), kann die Unternehmereigenschaft somit auch durch eine - aufgrund von Dauerverlusten - ertragsteuerlich als Liebhaberei eingestufte Tätigkeit erlangt werden.
Es wird jedoch häufig ein Fall der Kleinunternehmerregelung des § 19 Abs. 1 UStG vorliegen mit der Folge, dass keine Umsatzsteuer erhoben wird. Ein Sonderfall besteht jedoch, sofern der Miner darüber hinaus eine weitere selbstständige Tätigkeit als Unternehmer ausübt. Da ein Unternehmer nur ein Unternehmen haben kann, sind die Umsätze beider Tätigkeiten hinsichtlich der Umsatzgrenze des § 19 UStG zusammenzurechnen. Unseres Erachtens fehlt es – wie oben ausgeführt – aber bereits an einem steuerbaren Leistungsaustausch.
Bereits am 23.09.2013 teilte der Parlamentarische Staatssekretär Kampeter auf Nachfrage des Abgeordneten Schäffler (BT-Drs. 17/14803, 24 f.) mit, dass die bloße Entgeltentrichtung in Bitcoin – wie bei der Verwendung konventioneller Zahlungsmittel - nicht steuerbar i.S.v. § 1 Abs. 1 UStG sei. Unter Verweis auf das oben dargestellte EU-Urteil vom 22.10.2015 (Az. C-264/14) ordnete sodann der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Meister am 05.01.2018 auf Nachfrage der Abgeordneten Paus (BT-Drs. 19/370 vom 05.01.2018, 22) die Hingabe von Bitcoins als bloße Entgeltentrichtung als nicht steuerbar ein, da Bitcoins konventionellen Währungen gleichgestellt werden, sofern Bitcoins keinem anderen Zweck als reines Zahlungsmittel dienen.
Diese Auffassung vertritt nun auch das BMF in seinem o.g. Schreiben vom 27.02.2018 und ist vor dem Hintergrund des Abschn. 1.1 Abs. 3 S. 3 UStAE, nach welchem die bloße Entgeltentrichtung keine Leistung im wirtschaftlichen Sinne darstellt, wie sie für einen Leistungsaustausch nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erforderlich wäre, auch systemkonform.
Die Ausstellung einer steuerkonformen Rechnung in Bitcoins i.S.v. § 14 Abs. 4 UStG ist möglich. Bei Zahlung mit Bitcoin bestimmt sich das Entgelt beim Leistenden grundsätzlich nach dem Gegenwert in der Währung des Mitgliedsstaates, in dem die Leistung erfolgt und zu dem Zeitpunkt, zu dem diese Leistung ausgeführt wird. In analoger Anwendung des Art. 91 Abs. 2 MwStSystRL soll die Umrechnung zum letzten veröffentlichten Verkaufskurs (zB auf entsprechenden Umrechnungsportalen im Internet) erfolgen. Dieser ist vom leistenden Unternehmer zu dokumentieren. Auch hier bietet es sich an, den Wert der in der „Kryptowelt“ diesbezüglich am häufigsten herangezogenen Plattform - Coinmarketcap - heranzuziehen.
Befindet sich der Leistungsort nach § 3a UStG im Inland, ergibt sich im Hinblick auf das o.g. BMF-Schreiben vom 27.02.2018 eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 8b UStG. Sofern hingegen der Leistungsort nach § 3a UStG im Ausland liegt, ist der Umsatz im Inland bereits nicht steuerbar. Ob der Umsatz im Ausland umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig ist, richtet sich nach dem jeweils dort geltenden Recht. So sind Transaktionen mit Bitcoins z.B. Großbritannien nicht steuerbar bzw. steuerfrei.
In dem o.g. BMF-Schreiben vom 27.02.2018 führt das BMF aus, dass das Anbieten einer digitalen Wallet gegen Gebühr eine sonstige Leistung i.S.v. § 3a Abs. 5 S. 2 Nr. 3 UStG darstellt, welche auf elektronischem Wege erbracht wird und nach § 3a Abs. 2 bzw. Abs. 5 S. 1 UStG steuerpflichtig ist, sofern der Leistungsort im Inland liegt.
Das Zurverfügungstellen einer Handelsplattform für den Handel bzw. den Erwerb von Bitcoins stellt die Einräumung einer rein EDV-technischen Abwicklung dar, für welche eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 UStG nach dem o.g. BMF-Schreiben vom 27.02.2018 nicht in Betracht kommt. Etwas anderes gilt nur ausnahmsweise für den Fall, dass der Betreiber der Plattform als Mittelsmann im eigenen Namen für den Kauf und Verkauf der Bitcoins agiert. In diesem Fall kann eine Steuerbefreiung nach § 4 Abs. 8 b UStG vorliegen.
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