Bei der umsatzsteuerlichen Behandlung von Finanzdienstleistungen (Financial Services) sind zahlreiche Besonderheiten zu beachten. So findet sich zum Beispiel in § 4 Nr. 8 UStG eine Aufzählung verschiedener Finanzdienstleistungen, welche von der Umsatzsteuer befreit sind. Hierbei handelt es sich unter anderem um die Gewährung und Vermittlung von Krediten, die Umsätze und Vermittlung von gesetzlichen Zahlungsmitteln sowie Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren.
Darüber hinaus sind in § 22g UStG besondere Pflichten für Zahlungsdienstleister normiert. Die in diesem Zusammenhang immer wieder auftretenden umsatzsteuerlichen Fragestellungen sollen im Folgenden überblicksartig dargestellt werden.
§ 4 Nr. 8 Buchstabe a bis i UStG enthält eine Aufzählung verschiedener Finanzdienstleistungen, für welche keine Umsatzsteuer anfällt. Gleichzeitig ist für Eingangsleistungen, welche auf die Finanzdienstleistungen entfallen, der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen.
Allerdings besteht nach § 9 Abs. 1 UStG unter den dort genannten Voraussetzungen für die Leistungen gemäß § 4 Nr. 8a - g die Möglichkeit, zur Umsatzsteuerpflicht zu optieren. Im Falle einer wirksamen Optionsausübung ist der Vorsteuerabzug wiederum zu gewähren. Bei der umsatzsteuerlichen Beurteilung der verschiedenen Finanzdienstleistungen kommt es jedoch stets auch auf den Einzelfall und seine Besonderheiten an, sodass es immer einer individuellen Prüfung des Sachverhalts bedarf.
1.1 Banking
1.1.1 Kreditgeschäft
Ein großer Geschäftsbereich der Kreditinstitute ist der Natur der Sache nach die Vergabe von Krediten. Die hierbei existierenden verschiedenen Kreditvarianten sind umsatzsteuerlich unterschiedlich zu beurteilen. Zu Schwierigkeiten führt häufig die Abgrenzung zwischen Haupt- und Nebenleistungen.
Bilaterale Kredite werden jeweils nur zwischen einem Kreditnehmer und einem Kreditgeber abgeschlossen. § 4 Nr. 8a UStG spricht allerdings allgemein davon, dass „die Gewährung und die Vermittlung von Krediten“ umsatzsteuerfrei ist. In Art. 135 Abs. 1b MwStSystRL ist jedoch präziser „die Gewährung und Vermittlung von Krediten und die Verwaltung von Krediten durch die Kreditgeber“ angeführt. Demnach sind auch für die Kreditvergabe erforderliche (Verwaltungs-)Tätigkeiten vor, während oder nach der Kreditlaufzeit umfasst. Hierzu zählen z.B. die Schätzung von Sicherungsobjekten, Bonitätsprüfungen oder Erklärung zur Eintragung, Löschung oder Abtretung von Grundpfandrechten. Nicht erfasst ist jedoch die Verwertung sicherungsübereigneter Gegenstände.
Im Rahmen eines Warenkredits ist fraglich, ob und unter welchen Voraussetzungen eine selbstständige und umsatzsteuerfreie Kreditgewährung neben der Warenlieferung gegeben ist. Die Finanzverwaltung hat im Umsatzsteueranwendungserlass (Abschn. 3.11 Abs. 1 UStAE) Kriterien aufgestellt, die für die Annahme von mehreren selbstständigen Leistungen sprechen, z.B. bei gesonderter Vereinbarung von Lieferung/Leistung auf der einen Seite und der Krediteinräumung auf der anderen Seite.
Bei der Absatzförderung durch verbilligten Zins, wie er beim Erwerb von hochpreisigen Konsumgütern oder Kraftfahrzeugen gewährt wird, leistet der Hersteller oder Händler eine Zuzahlung an das Finanzierungsinstitut oder die Automobilbank als Ausgleich für den verbilligten Zins. Hinsichtlich dieser Zuzahlungen unterscheidet das Bundesfinanzministerium (BMF) wie folgt: Bei Finanzierungen durch die Automobilbank soll eine umsatzsteuerpflichtige Leistung vorliegen. Bei der Finanzierung durch sonstige Institute für die Finanzierung von Konsumgütern handelt es sich hingegen laut BMF um eine Rabattgewährung mit der Folge der Minderung der Bemessungsgrundlage und infolgedessen auch eines reduzierten Vorsteuerabzugs.
Ein Treuhandkredit ist als Investitionskredit aus zweckgebundenen fremden Mitteln einzuordnen, der von einem zwischengeschalteten Kreditinstitut (Hausbank als Treuhänder) ohne Übernahme eines Kreditrisikos an Endkreditnehmer zur Verfügung gestellt wird. Die für die Rechnung der Förderbank handelnde Hausbank erbringt unter Zugrundelegung der Grundsätze der Dienstleistungskommission umsatzsteuerlich keine eigenständige Leistung an die Förderbank. Stattdessen erfolgt eine Fiktion der Leistung von der Förderbank an die Hausbank, welche nach § 4 Nr. 8a UStG umsatzsteuerfrei ist. Hingegen wird die zwischen der Hausbank und der Förderbank bestehende Geschäftsbesorgungsleistung umsatzsteuerlich negiert.
Die umsatzsteuerliche Behandlung von Konsortialkrediten, also von Krediten, die gemeinschaftlich von einer Institution oder von mehreren Banken (Bankenkonsortium) gewährt werden, ist sehr kompliziert und bedarf einer eingehenden Prüfung des jeweiligen Sachverhalts. Dies betrifft insbesondere den offenen Konsortialkredit, welcher eine der beiden Kreditarten neben dem verdeckten Konsortialkredit darstellt. Hier ist insbesondere umstritten, ob die Entscheidung des BFH vom 24.04.2013 (XI R 7/11) zur Einordnung einer Führungsleistung herangezogen kann oder nicht. Ferner ist fraglich, ob der Konsortialführer, da er auch Kredite und Sicherheiten der Konsorten verwaltet, insoweit umsatzsteuerpflichtige Leistungen an die Konsorten erbringt. Streitig ist zudem die umsatzsteuerliche Einordnung zu Führungsleistungen in der offenen Mitversicherung. Beim verdeckten Konsortialkredit ist hingegen umstritten, ob die Grundsätze der Dienstleistungskommission auch hier Anwendung finden können.
Bei einem sog. Schuldscheindarlehen, also einem speziellen Darlehen, über welches ein Schuldschein ausgestellt wird, ist die umsatzsteuerliche Betrachtung ebenfalls streitig. In Betracht kommt hier eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 8a UStG oder nach § 4 Nr. 8e UStG. Im Rahmen des Schuldscheindarlehens wird vom Kreditinstitut des Öfteren die sog. Zahlstellenfunktion übernommen. Hierfür erhält das Kreditinstitut eine sog. Zahlstellenprovision. Nach Auffassung des Bundesfinanzministeriums (BMF-Schreiben vom 03.02.2015 – IV D 3-S 7160/14/10 002, Tz. A. II. 7) ist die Tätigkeit als Zahlstelle nach § 4 Nr. 8e UStG umsatzsteuerfrei. Daneben wird in der Literatur auch die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 8a UStG bejaht.
Beim Crowdfunding und Crowdinvesting ist zwischen den Leistungen des Plattformanbieters einerseits und den Leistungen zwischen Projektanbieter und Unterstützer anderseits zu unterscheiden. Im ersten Fall ist die in Rede stehende Leistung als umsatzsteuerpflichtig einzustufen, da die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 8 UStG eng auszulegen ist. Im zweiten Fall ist hingegen nochmals zu differenzieren: sofern es sich um ein sog. „donation-based Crowdfunding“ handelt, liegt ein bereits nicht umsatzsteuerbarer Zuschuss vor. Bei einem sog. „reward-based Crowdfunding“ handelt es sich hingegen um eine umsatzsteuerpflichtige Leistung.
1.1.2 Wertpapier- und Depotgeschäft
Im Bereich des Wertpapier-, Derivate- und Depotgeschäfts ist die Abgrenzung zwischen umsatzsteuerpflichtiger „Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren“ und den umsatzsteuerfreien „Umsätzen im Geschäft mit Wertpapieren“ häufig eine größere Herausforderung und hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. So liegt dem Wertpapierauftragshandel ein Kommissionsgeschäft zugrunde, wobei sich Unterschiede ergeben, je nachdem, ob es sich um eine Kauforder oder eine Verkaufsorder handelt. Entscheidend sind die konkreten Leistungen, welche im Wertpapier- und Depotgeschäft erbracht werden und einer individuellen Prüfung im Einzelfall bedürfen.
1.1.3 Zahlungsverkehr, gesetzliche Zahlungsmittel und Einlagengeschäft
Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln sind nach § 4 Nr. 8b UStG umsatzsteuerfrei. Da nach Auffassung der Finanzverwaltung (Abschnitt 4.8.3 Abs. 3a UStAE) sog. virtuelle Währungen wie Kryptowährungen den gesetzlichen Zahlungsmitteln gleichgestellt sind, ist deren Nutzung als Zahlungsmittel ebenfalls steuerfrei.
Darüber hinaus ergibt sich eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 8d UStG für Leistungen im Zahlungs- und Überweisungsverkehr, Einlagengeschäfte, Kontokorrentverkehr sowie das Inkasso von Handelspapieren.
In diesem Zusammenhang ergeben sich Besonderheiten bei der Nutzung von Kreditkarten. Hierbei ist zunächst zwischen reinen Zahlungskarten und Kreditkarten im engeren Sinne zu unterscheiden. Letztere sind in Deutschland allerdings wenig verbreitet. In ersterem Fall sind unterschiedliche Modelle im Verhältnis zwischen Kartenemittent (Kreditinstitut), Kartengesellschaft, Karteninhaber und Vertragsunternehmen denkbar. Hier muss genau geprüft werden, zwischen welchen Beteiligten welche Vertragsverhältnisse bestehen. Insbesondere die Vorschrift des § 3 Abs. 11a UStG (Fiktion einer Leistungskette bei Vermittlungen über eine elektronische Schnittstelle/Portal) kann hier von Bedeutung sein.
1.1.4 Bürgschaften und bürgschaftsähnliche Umsätze
Die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten und die Vermittlung dieser Umsätze ist nach § 4 Nr. 8g UStG umsatzsteuerfrei. Hierzu zählen die zahlreichen Erscheinungsformen einer Bürgschaft i.S.v. § 765 ff. BGB, wie z.B. Mietbürgschaft, Bankbürgschaft oder Ausfallbürgschaft.
1.1.5 Leasing
Die Hingabe eines Gegenstands im Rahmen eines Leasings ist grundsätzlich eine umsatzsteuerpflichtige Leistung, sofern keine Befreiungsvorschrift nach § 4 UStG eingreift. So fällt das Immobilienleasing unter § 4 Nr. 12 UStG. Sofern bei Sale-and-lease-back-Geschäften die Verfügungsmacht an dem Gegenstand vom späteren Leasingnehmer an den späteren Leasinggeber übertragen wird, handelt es sich umsatzsteuerlich um eine Kreditgewährung, sodass diese Geschäfte unter § 4 Nr. 8a UStG zu fassen sind. Ein Sonderfall ergibt sich jedoch, wenn Leasinggeber und Käufer an einer bilanziellen Gestaltung des Leasingnehmers und Verkäufers mitwirken. In diesen Fällen handelt es sich nicht um eine umsatzsteuerfreie Kreditgewährung nach § 4 Nr. 8a UStG.
1.1.6 Forderungsverkäufe (Factoring)
Beim Factoring ist zunächst zwischen dem echten und dem unechten Factoring und sodann zwischen dem Forderungseinzug durch den Verkäufer bzw. durch den Käufer zu unterscheiden. Im Rahmen des echten Factorings ist der Forderungseinzug durch den Käufer (Factor) als umsatzsteuerpflichtige Leistung des Factors an den Forderungsverkäufer zu beurteilen. Der Forderungsverkauf durch den Forderungsverkäufer (sog. Anschlusskunde) ist dagegen nicht umsatzsteuerbar. Sofern der Forderungseinzug durch den Verkäufer erfolgt, handelt es sich bei der Leistung des Forderungskäufers um eine steuerfreie Kreditgewährung nach § 4 Nr. 8a UStG, beim Forderungsverkäufer hingegen hinsichtlich des Forderungseinzugs um eine nicht umsatzsteuerbare Leistung, sofern der Forderungseinzug nicht auf einer gesonderten Vereinbarung beruht. Andernfalls handelt es sich um eine umsatzsteuerfreie Nebenleistung nach § 4 Nr. 8c UStG.
Beim unechten Factoring und Forderungseinzug durch den Käufer handelt es sich für den Forderungskäufer beim Forderungseinzug um eine umsatzsteuerpflichtige Leistung an den Forderungsverkäufer. Der Forderungsverkauf ist auf Seiten des Forderungsverkäufers nicht umsatzsteuerbar. Sofern der Forderungseinzug durch den Verkäufer erfolgt, stellt die Leistung des Forderungskäufers eine steuerfreie Kreditgewährung nach § 4 Nr. 8a UStG dar. Der Forderungsverkauf ist auf Seiten des Forderungsverkäufers eine nicht umsatzsteuerbare Leistung.
1.1.7 Commodities Trading
„Commodities Trading“ meint den Handel mit Rohstoffen und anderen Gütern durch Wiederverkäufer oder Zwischenhändler. So ist die Lieferung, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb von Anlagegold nach § 25c Abs. 1 UStG umsatzsteuerfrei. Im Rahmen des Handels mit Emissionszertifikaten stellt die Übertragung einer Berechtigung im Sinne von § 7 TEHG eine umsatzsteuerpflichtige Leistung dar. Optionsgeschäfte sind hingegen nach § 4 Nr. 8c UStG umsatzsteuerfrei. Für die Einfuhr von Gas über das Erdgasnetz und von Elektrizität ergibt sich die Umsatzsteuerbefreiung aus § 5 Abs. 1 Nr. 6 UStG. Hingegen ist die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz und von Elektrizität aus dem Drittland in das Inland umsatzsteuerpflichtig. Bei der Lieferung von Gas über das Erdgasnetz und von Elektrizität aus dem Inland ins Drittland handelt es sich um eine in Deutschland nicht umsatzsteuerbare Lieferung.
1.2 Insurance
1.2.1 Lebens-, Sach- und Rückversicherungen
Nach § 4 Nr. 10a UStG sind Leistungen auf Grund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des Versicherungssteuergesetzes umsatzsteuerfrei. Daneben ist die Gewährung von Versicherungsschutz selbst ebenfalls nach § 4 Nr. 10b UStG umsatzsteuerbefreit. Eine umsatzsteuerrechtliche Definition für den Begriff der „Versicherungen“ findet sich allerdings weder im deutschen Recht noch im Unionsrecht. Hier ist gegebenenfalls eine Einzelfallbeurteilung geboten. Die Übertragung von Versicherungsbeständen (sog. „Portfolien“) ist nicht vom Versicherungsbegriff des § 4 Nr. 10 UStG umfasst. Hierbei handelt es sich um einen umsatzsteuerpflichtigen Umsatz.
1.2.2 Versicherungskonsortium
Tätigkeiten, die der Konsortialführer eines offenen Versicherungskonsortiums im Rahmen der Verwaltung des Konsortiums erbringt, fallen ebenfalls nicht unter die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 10 UStG für Versicherungen. Auch ist die Führungsleistung des Versicherers nicht von § 4 Nr. 11 UStG umfasst, da er diese nicht als Vermittler erbringt. Umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 10 UStG ist in diesem Zusammenhang lediglich die vom Versicherungsnehmer gezahlte Prämie einschließlich des Konsortialführeraufschlags als Entgelt für die eingekaufte, umsatzsteuerbefreite Versicherungsleistung.
1.2.3 Versicherungsvertreter/-Makler – Outsourcing und mehrstufiger Vertrieb
Für die Tätigkeit von Versicherungsvertretern, Versicherungsmaklern und Bausparkassenvertretern ergibt sich die Umsatzsteuerbefreiung aus § 4 Nr. 11 UStG. Dabei ist die dortige Auszählung tätigkeitsbezogen und nicht personenbezogen zu verstehen, so dass Vermögensberater, Banken oder Reisebüros ebenfalls unter diese Vorschrift fallen. Insbesondere in zwei Bereichen ist fraglich, ob es sich bei einer Tätigkeit um eine umsatzsteuerfreie Vermittlungstätigkeiten für Versicherungsumsätze handelt: im mehrstufigen Vertrieb (sog. „Strukturvertrieb“) und bei der Bearbeitung von sog. Back-Office-Tätigkeiten.
1.2.4 Verschaffung von Versicherungsschutz, Einzel- und Gruppenversicherungen
Nach § 4 Nr. 10b UStG sind Leistungen, die darin bestehen, dass anderen Personen Versicherungsschutz verschafft wird, umsatzsteuerfrei. Hierunter fallen auch Leistungen, bei welchen eine Versicherung zugunsten eines Dritten abgeschlossen wird. Der wirtschaftlich bedeutendste Anwendungsfall ist dabei die Gruppenversicherung. Wann genau eine solche Gruppenversicherung vorliegt, war Gegenstand mehrerer Entscheidungen des Bundesfinanzhofes (BFH). Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) musste sich in der Vergangenheit schon damit beschäftigen, wann „Versicherungsumsätze“ vorliegen und auf welche Konstellationen sie übertragbar sein sollen.
1.3 Asset Management
1.3.1 Bankenmäßige Vermögensverwaltung und -beratung
Bei Vermögensverwaltungsverträgen beauftragen Kunden ihre Banken, das überlassene Vermögen nach einer zuvor vereinbarten Anlagestrategie oder -richtlinie zu verwalten. Es handelt sich um eine Vielzahl von Leistungen der Banken, z.B. Recherche und Auswahl der Vermögensanlage, Erstellung von Steuerbescheinigungen, Kauf und Verkauf von Wertpapieren. Nach Auffassung der Finanzverwaltung handelt es sich hierbei insgesamt um eine einheitliche Leistung, welche allerdings nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 8e UStG fällt.
1.3.2 Bestandsprovisionen
Bei der Vermittlung und dem Verkauf von Fondsanteilen erhalten Kreditinstitute von den Fondsgesellschaften sog. Vertriebsfolge-, Bestands-, Kontinuitätsprovisionen. Die Leistungen an den Kunden sind dabei umsatzsteuerpflichtig, die Vermittlungsleistung gegenüber der Fondsgesellschaft ist hingegen umsatzsteuerfrei. Die Bestandsprovision an das Kreditinstitut stellt kein Entgelt von dritter Seite i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG dar.
1.3.3 Verwaltungsleistungen der Fonds OGAW und AIF
Die in § 4 Nr. 8h UStG normierte Steuerbefreiung wurde durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz zum 01.01.2024 erweitert. Die Umsatzsteuerbefreiung gilt nunmehr auch für
die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) i.S.d. § 1 Abs. 2 KAGB,
die Verwaltung von Alternativen Investmentfonds (AIF) i.S.d. § 1 Abs. 3 KAGB und
die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen i.S.d. Versicherungsaufsichtsgesetzes.
In dem diesbezüglichen BMF-Einführungsschreiben zur Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von alternativen Investmentfonds vom 17.05.2024 (GZ: III C 3 - S 7160-h/22/10001 :016) heißt es, dass „nunmehr Verwaltungsleistungen für sämtliche AIF im Sinne des § 1 Abs. 3 KAGB von der Umsatzsteuer befreit“ werden. Hiervon umfasst ist auch die Verwaltung von Wagniskapitalfonds. Die Prüfung von Vergleichbarkeitskriterien bei AIF mit OGAW für die Inanspruchnahme der Umsatzsteuerbefreiung entfällt. Im Übrigen besteht der Umfang der nach bisherigem Recht umsatzsteuerfreien Verwaltungsleistungen bzw. der begünstigten Investmentvermögen unverändert fort.“
Bei der Vermittlung von Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätzen existieren häufig mehrstufige Vertriebs- und Vermittlungsstrukturen. Eine mehrstufige Vertriebsstruktur zeichnet sich dadurch aus, dass z.B. die Bank oder die Versicherung einen Versicherungsvertrag mit dem Hauptvermittler schließt. Jener Hauptvermittler tritt aber nicht unmittelbar mit dem Kunden in Kontakt, sondern nutzt die sich in mehrere Stufen untergliedernden Untervermittler. Jene Untervermittler treten als selbstständige Handelsvertreter auf und sind demnach dem Hauptvertreter „nicht unterstellt“.
Mehrstufige Vertriebsstrukturen finden sich z.B. bei Vermittlertätigkeiten. Dabei ist das Vermittlungsgeschäft neben dem Eigenhandel und dem Kommissionsgeschäft eines der möglichen Vergütungsformen im Finanzvertrieb. Dass die Vermittlung maßgebliche Bedeutsamkeit erlangt hat, ist vor allem dadurch bedingt, dass diese ohne Beschränkung der Bank- oder Versicherungszulassung Produkte vertreiben kann. Umsatzsteuerlich ist die für die Vermittlung eines umsatzsteuerbefreiten Bank-, Finanz- oder Versicherungsumsatzes zu berücksichtigen, dass die für die Vermittlung selbst vorgesehene Umsatzsteuerbefreiung auf allen Vertriebsstufen Anwendung findet, sofern eine Umsatzsteuerbefreiung gegeben ist.
Für die Steuerbefreiung der Untervermittlung kommt es entscheidend darauf an, ob die wesentlichen Funktionen einer Vermittlungsleistung erfüllt werden (EuGH v. 21.6.2007 C-453/05). Auch die Finanzverwaltung prüft insoweit anhand eines Katalogs von Kriterien das Vorliegen einer Vermittlungsleistung (Abschn. 4.8.1 Satz 6 UStAE).
Mit Einführung der Neuregelung des § 22g UStG zum 01.01.2024 werden Zahlungsdienstleister dazu verpflichtet, grenzüberschreitende Zahlungen zu dokumentieren und diese dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu übermitteln. Hintergrund der Vorschrift ist die Verbesserung der Missbrauchsbekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs. Im Überblick werden nachfolgend die wesentlichen Fragen zu dieser neuen Vorschrift beantwortet.
3.1 Was ist CESOP?
CESOP (= Central Electronic System of Payment Information) ist das zentrale elektronische Zahlungsinformationssystem, in welchen die entsprechenden Informationen zentral gespeichert werden und mit anderen europäischen Datenbanken abgeglichen werden können.
3.2 Welche Zahlungsdienstleister sind betroffen?
CRR-Kreditinstitute gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ZAG,
E-Geld-Institute gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZAG,
Zahlungsinstitute gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZAG und
Postgiroämter.
Die Zahlungsdienste müssen im Inland erbracht werden.
3.3 Welche Zahlungsdienste sind betroffen?
Hinweis:
Die in § 2 Abs. 1 ZAG geregelten Ausnahmen gelten nicht als Zahlungsdienste und unterliegen daher nicht dem Anwendungsbereich des § 22g UStG. Darunter fallen z. B. Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Führung eines Zahlungskontos, Bareinlagen und -abhebungen. Auch Zahlungen in Kryptowerten sind nicht davon erfasst (BMF-Schreiben v. 28.12.2023, BStBl. 2024 I S. 164 Rn. 7).
3.4 Welche Informationen müssen aufgezeichnet werden?
§ 22g UStG sieht vier unterschiedliche Pflichten für Zahlungsdienstleister vor
§ 22g Abs. 1 Satz 1 UStG bestimmt, welche Informationen der Zahlungsdienstleister aufzuzeichnen und zu übermitteln hat:
Daten des Zahlungsempfängers (Name, USt-IdNr., sonstige Steuernummern, Adresse und IBAN oder anderes identifizierendes Kennzeichen),
Daten der Zahlung (Datum und Uhrzeit, Betrag und Währung, Ursprungsland, Bezugnahme, Einleitung der Zahlung in den Räumlichkeiten des leistenden Unternehmers).
3.5 Sind alle grenzüberschreitenden Zahlungen meldepflichtig?
Nein. Zahlungsdienstleister sind nur dann zur Meldung der Daten verpflichtet, wenn sie je Kalendervierteljahr mehr als 25 grenzüberschreitende Zahlungen an denselben Zahlungsempfänger tätigen (§ 22g Abs. 1 Satz 2 UStG).
Hinweis:
Bei Überschreitung des Werts von 25 grenzüberschreitenden Zahlungen muss der Zahlungsdienstleister alle Zahlungsvorgänge an den Zahlungsempfänger melden und nicht nur diejenigen, die den Schwellenwert überschreiten.
3.6 Auf welchen Zeitraum bezieht sich die Meldepflicht?
Eine Übermittlung der Daten muss jeweils für das Kalendervierteljahr erfolgen. Die Übermittlung muss spätestens am Ende des Kalendermonats erfolgen, der auf das Kalendervierteljahr folgt, auf das sich die Daten beziehen (§ 22g Abs. 4 UStG). Erstmals muss eine Übermittlung der Daten nach § 22 g Abs. 4 UStG für das erste Kalendervierteljahr 2024 erfolgen.
Hinweis:
Eine Beanstandung erfolgt nicht, wenn die Datenübermittlung für das erste Kalendervierteljahr 2024 erst bis zum 31.07.2024 erfolgt (BMF-Schreiben v. 28.12.2023 (BStBl. 2024 I S. 164, Rn. 36).
3.7 Welche Sanktionen drohen bei Nichtbeachtung?
§ 26a Abs. 2 Nr. 8 bis 10 UStG bestimmt, dass die unterlassene Übermittlungs-, Berichtigungs-, Vervollständigungs- oder Aufbewahrungspflichten nach § 22g Abs. 4 bis 6 UStG eine Ordnungswidrigkeit darstellen, die mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro geahndet werden kann.
Die vorstehenden Ausführungen verdeutlichen im Überblick die komplexen umsatzsteuerrechtlichen Fragestellungen und Problemfelder in der FinTech- und Finanzdienstleistungsbranche.
Insbesondere neue digitale Geschäftsmodelle sog. FinTech-Unternehmen (z.B. White-Label-Produkte, Bezahl-Lösungen, Social-Trading-Modelle im Anlagebereich) beinhalten häufig komplexe umsatzsteuerliche Fragestellungen, welche nicht vernachlässigt werden sollten.
Das Umsatzsteuer-Kompetenzteam von LHP bestehend aus Rechtsanwälten und Steuerberatern bietet umfassende Beratung und Unterstützung in allen umsatzsteuerlichen Fragen rund um Finanzdienstleistungen an.
Speziell für Finanzdienstleister und FinTech-Unternehmen bieten wir insbesondere die folgenden Leistungen an:
Begleitung von Betriebsprüfungen, Umsatzsteuersonderprüfungen und Umsatzsteuernachschauen
Begleitung und Durchführung von umsatzsteuerlichen Einspruchs- und Klageverfahren im Zusammenhang mit der umsatzsteuerlichen Behandlung von Finanzdienstleistungen
„Beratung für Berater“: rund um die komplexe Materie der umsatzsteuerlichen Behandlung von Finanzprodukten unterstützen wir Steuerberaterkollegen gern punktuell. Mandatsschutz sichern wir gern schriftlich zu.
Gutachterliche Beurteilung von nationalen und internationalen umsatzsteuerlichen Fragestellungen speziell für Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche und FinTech-Unternehmen,
Umsatzsteuerliche Analyse neuer – insbesondere digitaler – Geschäftsmodelle insbesondere für FinTech-Unternehmen,
Umsatzsteuerliche Registrierung in Deutschland von im Ausland ansässigen Finanzdienstleistern
Erstellung und Abgabe von umsatzsteuerlichen Meldungen (UStVA, UStJE, CESOP-Meldungen, OSS-Meldungen, Zusammenfassende Meldungen, INTRASTAT-Meldungen).
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