Bitcoins und andere kryptographische Währungen erfreuen sich als innovative Anlageform bei vielen unserer Mandanten einer stetig wachsenden Beliebtheit. Die Beweggründe, sich in dieser neuartigen Anlageform zu engagieren, können dabei völlig verschieden sein; ganz gleich jedoch, ob Sie die Investition als Spekulation auf einen rasant ansteigenden Wertzuwachs oder aber als Möglichkeit zur wertstabilen Vermögenssicherung sehen, sollten Sie sich mit einigen wichtigen Aspekten vertraut machen, die es in erbschaftsrechtlicher und steuerlicher Hinsicht zu beachten gilt.
Da es der Gesetzgeber bislang in weiten Teilen versäumt hat, die bestehenden Vorschriften an die Besonderheiten dieser noch recht jungen Anlageform anzupassen und dadurch die gesetzlichen Regelungen in das digitale Zeitalter zu befördern, begegnet die rechtssichere Beurteilung von Kryptowährungen derzeit noch mancherlei Problemen. Vor diesem Hintergrund ist es kaum verwunderlich, dass diese so entstehende Rechtsunsicherheit bei vielen Steuerpflichtigen und deren Beratern leider allzu oft zu Missverständnissen führt, aus denen sich nachteilige Rechtsfolgen – schlimmstenfalls sogar steuerstrafrechtliche Konsequenzen – ergeben können.
Auf welche Aspekte Sie in diesem Zusammenhang zu achten haben, hängt ganz entscheidend von der zeitlichen Phase ab, in der sich Ihre Investition befindet: Während im Zeitpunkt des Erwerbs und der Veräußerung Ihrer kryptographischen Anlage vor allem ertragsteuerliche Aspekte zu bedenken sind, spielen im Zeitpunkt der Vermögensnachfolge demgegenüber erbrechtliche und erbschaftsteuerrechtliche Überlegungen eine besondere Rolle.
Im Bereich des Erbrechts gilt es vor allem zu klären, wie Sie den Übergang Ihres digitalen Kryptovermögens auf Ihre Erben gewährleisten können. Hier kann es aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen zu unliebsamen Fallstricken kommen, die im schlimmsten Falle dazu führen, dass Ihren Erben jeglicher Zugriff auf das hinterlassene Vermögen verwehrt bleibt.
Die erbrechtliche Ausgangslage. Die Probleme resultieren in rechtlicher Hinsicht vor allem aus dem Umstand, dass bis heute noch nicht abschließend geklärt ist, was genau in Bezug auf kryptographische Währungen das maßgebliche Bezugsobjekt des Erbschaftsvorganges ist. Im Hinblick auf die erbrechtliche Rechtsnachfolge orientiert sich das deutsche Erbrecht im Ausgangspunkt maßgeblich an dem Vermögen des Erblassers, d.h. an der Erbschaft (§ 1922 Abs. 1 BGB). Gegenstand des Erbschaftsvorganges sind daher die vererbbaren Rechtsverhältnisse in ihrer Gesamtheit. Zwar ist das deutsche Erbrecht traditionell vor allem auf materielle Gegenstandswerte ("Sachen") ausgerichtet. Allerdings kann im Grundsatz auch kryptographisches Guthaben als Bestandteil der Erbschaft angesehen werden, genauer als Kategorie des sogenannten digitalen Nachlasses, d.h. als Teil der elektronischen, datenbasierten Hinterlassenschaften des Erblassers.
Die technische Zuordnung von Kryptowährungen. Es ist allerdings fraglich und bis heute nicht abschließend geklärt, ob das kryptographische Guthaben als solches Bestandteil des (digitalen) Nachlasses sein kann. Die insofern aufkommenden Zweifel werden deutlich, wenn man sich die technische Funktionsweise von Kryptowährungen vergegenwärtigt. Bei kryptographischem Guthaben handelt es sich letztlich um (verschlüsselte oder unverschlüsselte) digitale Daten, die mittels Rechenleistung generiert werden. Diese Daten sind allerdings keinem Eigentümer personell in der Weise gesondert zugeordnet, dass sie sozusagen separiert von den Daten anderer Nutzer gespeichert werden würden. Die jeweilige Berechtigung der einzelnen Nutzer wird vielmehr digital auf einer virtuellen Datenliste, der sog. Blockchain, dokumentiert. Wird kryptographisches Guthaben auf eine andere Person transferiert, liegen diesem Transfer somit nicht etwa einzelne abgrenzbare Datenmengen zugrunde, es erfolgt lediglich die Umschreibung der Berechtigung auf der sog. Blockchain. Die Verwaltung dieser individuellen Berechtigung eines jeden Kryptoinhabers erfolgt in aller Regel in einem sogenannten Wallet (eine Art digitales Portemonnaie), welches mittels eines sog. key verschlüsselt ist. Der Transfer kryptographischen Guthabens erfolgt sodann unter Verwendung eines privaten Schlüssels (sog. private key), mittels dessen sich der Inhaber des Guthabens als berechtigter Nutzer legitimieren kann. Ohne Kenntnis dieses private key ist der Guthabentransfer nicht möglich.
Der private key als maßgebliches Bezugsobjekt. Dem sog. private key kommt im Rahmen von Kryptotransfers mithin eine hervorgehobene Bedeutung zu, dessen Kenntnis ist für die wirtschaftliche Verwertung des kryptographischen Guthabens eine elementare, also eine nicht hinwegzudenkende Bedingung. Aus diesem Grunde wird in der juristischen Literatur wohl überwiegend angenommen, eben der private key sei als maßgebliches Bezugsobjekt im Hinblick auf den erbrechtlichen Rechtsübergang anzusehen. Für die Frage, ob und wann das kryptographische Guthaben Bestandteil der Erbschaft geworden ist, ist nach der vorherrschenden Meinung demnach maßgeblich darauf abzustellen, ob und wann der Erbe – infolge der Kenntnis des privaten Schlüssels – die faktische Zugangsmöglichkeit zum Kryptoguthaben erlangt hat.
Für den Rechtsübergang kommt es auf die Art der Sicherung an. Für Inhaber von Kryptowährungen bestehen grundsätzlich verschiedenartige Möglichkeiten der technischen Umsetzung bzw. Speicherung eines private key. So kann die Zugangsberechtigung auf einem physischen Datenträger (z.B. USB-Stick, Festplatte, Papierblatt, etc.) verkörpert werden, sie kann aber auch in nichtverkörperter Form auf einem externen Server hinterlegt werden (sog. Online-Wallet). Die Art und Weise des erbrechtlichen Überganges kryptographischen Vermögens richtet sich nach allgemeiner Ansicht danach, in welcher Form der private key gesichert wurde. Befindet sich der private key auf einem körperlichen Datenträger (Hardware), so wird der Erbe dieses Speichermediums zugleich Inhaber der darauf gespeicherten Daten und somit Inhaber des kryptographischen Vermögens. Befindet sich der private key demgegenüber ausschließlich auf einem externen Server (Online-Wallet), so gestaltet sich der Rechtsübergang auf andere Weise: In diesem Falle rückt der Erbe im Zuge der Erbschaft in alle bestehenden Rechtspositionen des Erblassers – und damit auch in dessen vertragliche Position gegenüber dem Betreiber des Online-Wallet – ein (sog. Universalsukzession), sodass dem Erben ein (ererbter) vertraglicher Herausgabeanspruch in Bezug auf den private key zusteht.
Drohende Fallstricke bei der Vererbung von Kryptoguthaben. Die erfolgreiche Vererbung von Kryptoguthaben erfordert nach dem soeben Gesagten zwingend, dass der Erbe die tatsächliche Inhaberschaft über den private key erhält. Unabhängig von den rechtlichen Aspekten ist die Kenntnis des privaten Zugangsschlüssels elementar, um das kryptographische Vermögen in tatsächlicher Hinsicht wirtschaftlich verwerten zu können. Hier drohen folgenschwere Fallstricke, denen durch entsprechende Vorkehrungen vorzubeugen ist. Vergleichsweise unproblematisch stellen sich die Risiken und die entsprechenden Abhilfemöglichkeiten dar, wenn der private key auf einem körperlichen Datenträger gespeichert ist: In diesem Falle sollte der Erblasser sicherstellen, dass der Erbe Kenntnis über diesen Datenträger sowie tatsächlichen Zugang hierzu erhält. Befindet sich der private key demgegenüber in einem Online-Wallet, so drohen komplexere Schwierigkeiten, auf die sich der Erblasser einzustellen hat: Es muss in diesem Falle unbedingt gewährleistet sein, dass sich der Erbe gegenüber dem Serverbetreiber als Berechtigter legitimieren kann, um seinem Herausgabeverlangen erfolgreich zur Geltung zu verhelfen und auf diese Weise die Verfügungsgewalt über das Kryptoguthaben zu erlangen. Zwar begegnet die Legitimation zumindest bei Inlandssachverhalten in aller Regel keinen größeren Schwierigkeiten. Besondere Probleme sind allerdings bei im Ausland ansässigen Serverbetreibern zu erwarten, sowohl in praktischer (u.U. erschwerte Erreichbarkeit) als auch in juristischer Hinsicht (z.B. komplexe Fragen zur Anwendbarkeit ausländischen Rechts).
Die drohenden Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Vererbung kryptographischer Währungen sollten auf gar keinen Fall unterschätzt werden. Das zeigt in aller Deutlichkeit auch der im Jahre 2018 weltweit bekanntgewordene Fall eines verstorbenen US-amerikanischen "Krypto-Millionärs", dessen Erben wegen fehlenden Zugriffs auf den sogenannten "private Key" von einer Erbschaftssumme in Höhe von 250 Millionen US-Dollar ausgeschlossen waren.
Drohende Schwierigkeiten im Hinblick auf Pflichtteils- und Vermächtnisansprüche. Weitere rechtliche Probleme können sich zudem im Hinblick auf etwaige Pflichtteils- und Vermächtnisansprüche ergeben. In Bezug auf Pflichtteilsansprüche können sich potenzielle Schwierigkeiten vor allem insofern ergeben, als dass die maßgebliche Stichtagsbetrachtung wegen der häufig stark volatilen Wertentwicklung zu liquiditätsgefährdenden und unbilligen Zahlungsverpflichtungen der Erben führen kann. Vereinfacht gesagt kann daher theoretisch z.B. der Fall eintreten, dass der Erbe einen zunächst hohen Nachlasswert im Rahmen der Pflichtteilserfüllung zu ersetzen hat, der ihm jedoch infolge plötzlicher Wertverluste in tatsächlicher Hinsicht keinen entsprechenden Gegenwert bietet. Ähnliche Probleme drohen in Fällen, in denen der Erblasser einen bestimmten Anteil seines Kryptoguthabens (z.B. 5 Bitcoins) per Vermächtnis an einen Nichterben zugewendet wissen möchte. Unter Umständen kann der vermächtnisbelastete Erbe hier an seine finanziellen Grenzen stoßen, etwa wenn er – gleich aus welchen Gründen – keinen tatsächlichen Zugang zum Kryptoguthaben erhält, oder wenn das Kryptoguthaben z.B. wegen zwischenzeitlicher (Teil-) Veräußerungen keinen ausreichenden Wert/Bestand aufweist.
Durch eine vorausschauende Nachlassplanung lässt sich den beschriebenen Schwierigkeiten in aller Regel zufriedenstellend vorbeugen. Im Besonderen sollten Sie die nachfolgenden Empfehlungen beherzigen:
Die Vererbung kryptographischen Vermögens unterliegt in Deutschland der Erbschaftsteuer (vgl. § 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 10 Abs. 1 ErbStG). Der Erbe ist daher mit Erbschaftsteuer belastet, die sich (zumindest bei im Privatvermögen gehaltener Kryptowährung) der Höhe nach an dem Marktpreis oder Kurswert orientiert, der am Todestag zu erzielen wäre (sogenanntes Stichtagsprinzip, vgl. §§ 9, 11 ErbStG). Hierdurch können sich im schlimmsten Falle äußerst kostspielige, unter Umständen sogar existenzgefährdende Steuerfolgen ergeben, die nur durch eine sorgfältige Erbschaftsplanung vermieden werden können. So ist es beispielsweise denkbar, dass der Marktwert des vererbten Kryptoguthabens im Nachgang an den erbschaftsteuerlichen Stichtag rapide sinkt, was zur Folge haben kann, dass der Erbe mit einer denkbar hohen Steuerschuld belastet ist, die er nicht durch das geerbte Vermögen begleichen kann. Auch wenn der Erbe z.B. wegen fehlenden Zugangs zum private key keinen tatsächlichen wirtschaftlichen Vorteil aus der Erbschaft ziehen kann, steht das allein der Erbschaftsteuerentstehung grundsätzlich nicht – jedenfalls nicht zwingend – entgegen, sodass der Erbe steuerlich belastet ist, ohne einen entsprechenden Gegenwert erhalten zu haben. Zwar könnte hier erwogen werden, ob sich durch eine entsprechende Anwendung des § 12 Abs. 2 BewG oder mittels sogenannter Billigkeitsmaßnahmen Abhilfe schaffen lässt; es ist allerdings zum jetzigen Zeitpunkt völlig unklar, ob sich die Finanzverwaltung bzw. die Finanzgerichte einer derartigen Lösung anschließen würden. Ist das nicht der Fall, kann hier als letztes Mittel nur noch eine Ausschlagung der gesamten Erbschaft weiterhelfen, dies aber auch nur dann, wenn die dafür maßgebliche Ausschlagungsfrist (6 Wochen ab Kenntnis des Erbfalls, vgl. § 1944 BGB) noch nicht abgelaufen ist. In jedem Falle ist zu bedenken, dass es allein in den Verantwortungsbereich des Erben fällt, den fehlenden Zugang zum Kryptoguthaben und damit die fehlende wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit nachzuweisen.
Besondere Überlegungen sind anzustellen, soweit Sie Ihre kryptographischen Vermögenswerte in Ihrem Betriebsvermögen halten. Die erbschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage richtet sich hier nicht nach dem allgemeinen Markt- oder Kurswert, sondern in der Regel nach dem ertragsteuerlichen Wertansatz in der zuletzt aufgestellten Steuerbilanz. Auch insofern kann es zu besonderen Schwierigkeiten bei der Bewertung kommen, die Sie bzw. Ihr steuerlicher Berater im Blick behalten sollten. Von besonderem Interesse ist dabei die Frage, ob es sich bei Kryptoguthaben um erbschaftsteuerlich begünstigtes Vermögen, oder aber um sogenanntes begünstigungsschädliches Verwaltungsvermögen handelt. Dies ist dem Gesetz nicht eindeutig zu entnehmen, rechtssichere Stellungnahmen vonseiten der Finanzverwaltung bzw. entsprechende Signale vonseiten der Rechtsprechung fehlen bisher noch. Unseres Erachtens spricht Vieles dafür, dass auch Kryptoguthaben begünstigungsfähig sein kann, mit der Folge, dass Sie hierdurch in den Genuss steuerlicher Vorteile gelangen könnten. Dies ist allerdings – wie gesagt – bisher keinesfalls rechtssicher einzuschätzen.
Die professionelle Investition in kryptographische Währungen setzt fundierte Kenntnisse des Erb- und Steuerrechts voraus. Nur durch eine vorausschauende Planung lässt sich vermeiden, dass der erfreuliche Wertzuwachs Ihres Kryptovermögens im Zuge der erbrechtlichen Vermögensübertragung durch den steuerlichen Zugriff des Fiskus aufgezehrt wird.
Als Rechtsanwälte und Steuerberater stehen wir Ihnen kompetent bei sämtlichen Fragen rund um kryptographische Vermögenswerte zur Seite. Auf diesem speziellen und noch recht jungen Beratungsfeld haben wir in der Vergangenheit bereits zahlreiche Mandanten erfolgreich beraten. Von unserer besonderen Expertise auf dem Gebiet der Kryptowährungen zeugen zudem verschiedentliche Veröffentlichungen in der juristischen Fachliteratur. Im Zuge dieser praktischen und wissenschaftlichen Tätigkeiten konnten wir uns einen reichhaltigen Erfahrungsschatz aneignen, den wir sehr gerne auch zu Ihren finanziellen Gunsten heben. Sprechen Sie uns gerne an!
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