Vereine engagieren sich oft im sportlichen, kulturellen oder sozialen Bereich und leisten somit einen wichtigen Beitrag für die Allgemeinheit. Diesem Umstand möchte das Steuerrecht Rechnung tragen, in dem es gemeinnützigen Vereinen wegen ihrer förderungswürdigen Zielsetzung Steuerbegünstigungen gewährt. Der Status des steuerbegünstigten Vereins hängt allerdings von einer Reihe formeller und materieller Voraussetzungen ab, die der Verein erfüllen muss.
Oftmals entstehen dabei für die Verantwortlichen (üblicher Weise die Vorstände des Vereins) Schwierigkeiten, insbesondere weil die Grenze zwischen steuerbegünstigter und steuerpflichtiger Tätigkeit oft fließend verläuft. Hier erleben wir als Rechtsanwälte und Steuerberater in der Praxis sehr häufig, dass es den Vorständen aus nachvollziehbaren Gründen schon am Problembewusstsein mangelt. Dies ist gefährlich, denn Unwissenheit schützt hier vielleicht noch vor einer Strafe, aber nicht vor einem persönlichen Haftungsanspruch des Finanzamts oder anderer Gläubiger gegen die Vorstände.
Für die verantwortlichen Vorstandsmitglieder ist also besondere Vorsicht geboten: Bei steuerlichen Pflichtverletzungen kann es zu einer persönlichen Haftung der Vorstandsmitglieder mit ihrem Privatvermögen kommen. Besonders heikel ist in solchen Fällen, dass eine vorherige erfolglose Vollstreckung in das Vermögen des Vereins nicht notwendig ist, so dass das Finanzamt direkt auf das Privatvermögen des jeweiligen Vorstandsmitglieds zugreifen kann. Entgegen einer vielleicht weit verbreiteten Ansicht können sich die Vorstandsmitglieder im Haftungsfall auch nicht damit entlasten, dass sie die Vorstandstätigkeit ehrenamtlich und unentgeltlich übernommen haben. Der Bundesfinanzhof legt generell einen strengen Haftungsmaßstab an und hat insoweit klargestellt, dass „ein ehrenamtlich und unentgeltlich tätiger Vorsitzender eines Vereins wie ein Geschäftsführer einer GmbH haftet“. Auch das vor kurzem erlassene Gesetz zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen (BGBl 2009,3161) ändert nichts an der Haftung im steuerrechtlichen Bereich, da es sich lediglich auf die zivilrechtliche Haftung bezieht.
Im Folgenden berichten wir als Rechtsanwälte, Steuerberater sowie Fachanwälte für Steuerrecht aus unserer täglichen Beratungspraxis, welche Grundsätze für die Besteuerung von Vereinen gelten, welche steuerlichen Pflichten die Vereinsvorstände treffen, wann die persönliche Haftung für den Vorstand ausgelöst wird und schließlich, wie die persönlichen Haftung des Vorstands begrenzt werden kann.
Vereine sind Körperschaften des Privatrechts (§§ 21 ff. BGB). Als solches unterliegen sie grundsätzlich der Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer etc.. Ausnahmen für die Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer hängen davon ab, ob es sich um einen steuerbegünstigten oder einen nicht steuerbegünstigten Verein handelt. Welche Voraussetzungen für die Anerkennung der Steuerbegünstigung im Einzelnen erfüllt werden müssen ist im sogenannten Gemeinnützigkeitsrecht, den §§ 51 ff. der Abgabenordnung (AO) geregelt.
Hiernach ist erforderlich, dass der Verein ausschließlich und unmittelbar einen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweck verfolgt. Was genau unter diesen Zweckvorgaben zu verstehen ist erklärt das Gesetz in den §§ 52-54 AO.
Danach liegt ein gemeinnütziger Zweck dann vor, wenn die Tätigkeit des Vereins darauf gerichtet ist „die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern“. Beispielsweise zählen hierzu die Förderung von Wissenschaft und Forschung, die Förderung von Kunst und Kultur, die Förderung von Sport oder aber die Förderung des traditionellen Brauchtums wie z.B. des Karnevals.
Mildtätige Zwecke sind erfüllt, wenn die Tätigkeit des Vereins darauf abzielt uneigennützig Menschen zu unterstützen, die entweder in persönlicher oder in wirtschaftlicher Hinsicht besonders hilfsbedürftig sind. Mildtätige Zwecke können demnach beispielsweise die Pflege und Betreuung kranker, alter oder behinderter Menschen, die Betreuung von Süchtigen oder die Einrichtung einer Telefonseelsorge sein.
Kirchliche Zwecke schließlich liegen bei uneigennütziger Unterstützung einer Religionsgemeinschaft, welche Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, vor. Dazu zählen nach der Rechtsprechung beispielsweise die Durchführung von Kirchentagen, die Ausbildung von Geistlichen in Priesterseminaren oder die Förderung von Missionsarbeit, auch wenn sie im Ausland ausgeübt wird.
Um dem Sinn und Zweck des Gemeinnützigkeitsrechts gerecht zu werden, stellt das Gesetz allerdings eine Reihe weiterer Bedingungen ohne deren Erfüllung der steuerbegünstigte Status nicht anerkannt werden kann.
Nach dem in § 55 AO verankerten Grundsatz der Selbstlosigkeit ist erforderlich, dass nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke, insbesondere gewerbliche oder sonstige Erwerbszwecke, verfolgt werden. Hier ist zu beachten, dass die Eigenwirtschaftlichkeit nicht generell verboten ist. Sie darf lediglich nicht in den Vordergrund treten. Eine nebensächliche wirtschaftliche Betätigung, wie zum Beispiel der Verkauf von Sportartikeln während einer Veranstaltung oder der Betrieb einer Vereinsgaststätte, führt somit noch nicht zum Verlust des steuerbegünstigten Status.
Zum Grundsatz der Selbstlosigkeit gehört auch die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung. Danach ist der begünstigte Verein verpflichtet seine Mittel zeitnah, das heißt in der Regel innerhalb der nächsten zwei Kalenderjahre, für die steuerbegünstigten Zwecke zu verwenden. Der Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung kennt allerdings auch Ausnahmen (§ 62 AO). Unter bestimmten Voraussetzungen sind Rücklagen erlaubt. Außerdem sind viele Spenden vom Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung befreit.
Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass die Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks ausschließlich (§ 56 AO) und unmittelbar (§ 57 AO) erfolgt. Ausschließlichkeit liegt vor, wenn die Förderung des steuerbegünstigten Zwecks nicht nur ein Ziel unter anderen ist, sondern Hauptanliegen des Vereins. Wie oben bereits erwähnt darf sich allerdings auch ein steuerbegünstigter Verein wirtschaftlich betätigen, solange diese Betätigung nebensächlich bleibt. Dem Grundsatz der Unmittelbarkeit hingegen wird dann entsprochen wenn der steuerbegünstigte Zweck grundsätzlich vom Verein selbst verfolgt wird. Auch hier lässt das Gesetz aber ausnahmsweise die Einschaltung von Hilfspersonen zu.
Diese verpflichtenden Grundsätze (Selbstlosigkeit – Ausschließlichkeit – Unmittelbarkeit) müssen von der Geschäftsführung beachtet und eingehalten werden. Geschäftsführung umfasst dabei alle Handlungen und Tätigkeiten, die dem Verein zuzurechnen sind. Zum Nachweis der ordnungsgemäßen Geschäftsführung hat der Vorstand entsprechende Aufzeichnungen zu führen. Beispielsweise muss er wegen des Gebots der zeitnahen Mittelverwendung eine sogenannte „Mittelverwendungsrechnung“ führen. Aus dieser soll hervorgehen, welche Mittel für welche Zwecke verwendet wurden. Durch diese Dokumentation kann das Finanzamt dann ausschließen, dass Mittel zweckentfremdet wurden oder aber eine nicht erlaubte Mittelansammlung stattgefunden hat.
Darüber hinaus stellt das Gesetz Anforderungen an Inhalt (§ 59 AO) und Form (§ 60 AO) der Satzung. Danach muss sich aus der Satzung ergeben „welchen Zweck die Körperschaft verfolgt, dass dieser Zweck den Anforderungen der §§ 52 bis 55 entspricht und dass er ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird“ (§ 59 AO). Darüber hinaus muss der Satzungszweck so genau bestimmt sein, dass auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für Steuervergünstigungen gegeben sind“ (§ 60 Abs. 1 AO).
Grundsätzlich sollten Satzungszweck und geförderter Personenkreis so weit wie möglich konkretisiert werden, beispielsweise sollte nach einem Beispiel aus der Rechtsprechung die Formulierung „Blinde“ statt „insbesondere Blinde“ gewählt werden.
Zudem ist darauf zu achten, dass die Satzung seit 2009 gemäß § 60 AO zwingend - zumindest inhaltlich - die Festlegungen aus der Mustersatzung (Anlage 1 zur AO) übernehmen muss, wobei nach der Rechtsprechung eine wörtliche Übernahme nicht notwendig ist.
Auf die Formulierung der Satzung ist besondere Sorgfalt zu verwenden, denn sie ist Voraussetzung für die Gewährung der steuerlichen Vergünstigung. Entspricht die Satzung, z.B. nach einer Änderung, den gesetzlichen Vorgaben nicht oder nicht mehr, so droht die Aberkennung der Gemeinnützigkeit für den betroffenen Veranlagungszeitraum. Dies kann zur Folge haben, dass der Verein sich unvorhergesehen Steueransprüchen ausgesetzt sieht, die unter Umständen aus den laufenden Mitteln gar nicht bezahlt werden können. Es empfiehlt sich daher bei der Neugründung des Vereins oder aber bei Satzungsänderungen die Hilfe eines Rechtsanwalts/Fachanwalts für Steuerrecht/ Steuerberaters hinzuzuziehen, um sicherzustellen, dass die Vorgaben des Gemeinnützigkeitsrechts eingehalten werden.
Ein gesondertes Verfahren, in dem der Status des steuerbegünstigten Vereins erteilt wird, sieht das Gesetz nicht vor. Vielmehr wird die Entscheidung über die Steuerbefreiung grundsätzlich in jedem Veranlagungsverfahren für die jeweilige Steuer getroffen. So ergeht beispielsweise im Jahr 01 die Entscheidung ob der Verein als Körperschaft gemeinnützig und damit steuerbefreit ist mit dem Körperschaftssteuerbescheid für das Jahr 01.
Um den steuerbegünstigten Körperschaften Klarheit über ihre Rechtslage und ihren Status zu verschaffen wurde 2013 durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz in § 60a AO allerdings ein gesondertes Verfahren eingeführt, welches die bindende Feststellung ermöglicht, dass die Vereinssatzung den gesetzlichen Anforderungen entspricht .Zu beachten ist jedoch, dass das Verfahren sich lediglich auf die Satzung bezieht, nicht jedoch darauf, ob die Geschäftsführung tatsächlich satzungsgemäß erfolgt. Das Verfahren nach § 60a AI ersetzt also nicht die Feststellung der Steuerbefreiung als solche. Diese erfolgt - wie dargestellt - durch den jeweiligen Jahressteuerbescheid.
Wurde der Verein als gemeinnützig und damit steuerbegünstigt anerkannt, ist er grundsätzlich von der Zahlung einer Vielzahl von Steuern (Körperschaftssteuer, Gewerbesteuer, Grundsteuer, etc…) befreit. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Steuerpflicht allerdings wieder aufleben. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Verein sich wirtschaftlich betätigt.
Daher werden die Einnahmen des steuerbegünstigten Vereins in vier verschiedene Einnahmesphären gegliedert:
Die erste Einnahmesphäre betrifft den ideellen Tätigkeitsbereich. Im ideellen Tätigkeitsbereich werden Einnahmen aus solchen Tätigkeiten zugeordnet, die unmittelbar dazu dienen, den steuerbegünstigten Zweck zu erreichen. Dies sind zum Beispiel Mitgliedsbeiträge, Spenden oder anderweitige Zuschüsse. Einnahmen aus diesem Bereich sind steuerfrei.
Die zweite Einnahmesphäre ist der Bereich der Vermögensverwaltung. Eine solche liegt vor, wenn Vermögen genutzt, zum Beispiel Kapitalvermögen verzinslich angelegt oder unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird (§ 14 Satz 3 AO). Einnahmen aus diesem Bereich können demnach sein: Mieten, Pachten, Zinsen und Dividenden. Auch Einnahmen aus diesem Bereich unterliegen keiner Steuerpflicht.
Die dritte Einnahmesphäre betrifft den Bereich der wirtschaftlichen Betätigung eines Vereins. Erwirtschaftet der Verein Einnahmen aus wirtschaftlicher Betätigung, so verliert er gemäß § 64 AO „die Steuervergünstigung für die dem Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Besteuerungsgrundlagen, soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb im Sinne der §§ 65 bis 68 AO ist“. Zu unterscheiden ist also zwischen steuerpflichtigem wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb und steuerfreiem Zweckbetrieb.
Wann ein Zweckbetrieb vorliegt, wird in den §§ 65 ff. AO geregelt. Grundsätzlich sind für die Annahme eines Zweckbetriebes drei Voraussetzungen nötig. Erstens muss die wirtschaftliche Betätigung dazu dienen, die steuerbegünstigten Zwecke zu verwirklichen. Zweitens muss es unmöglich sein, die satzungsmäßigen Zwecke ohne die in Frage stehende Betätigung zu erreichen. Drittens darf diese Betätigung nicht in übermäßigem Wettbewerb zu steuerpflichtigen Unternehmen treten – sogenannte „Wettbewerbsklausel“. Danach sind als Zweckbetrieb beispielsweise zu qualifizieren: Karnevalssitzungen von Vereinen zur Förderung des traditionellen Brauchtums oder der Verkauf von Waren aus Behindertenwerkstätten. Kein Zweckbetrieb liegt nach der Rechtsprechung allerdings vor beim Ausschank von Bier in einem Bierzelt im Rahmen eines Vereinsjubiläums.
Erzielt der Verein durch seine Tätigkeit Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile und ist diese Tätigkeit keinem Zweckbetrieb zuzuordnen, so verliert der Verein bezüglich dieser Einnahmen die Steuervergünstigung. Dies hat zur Folge, dass diese Einnahmen steuerpflichtig sind und somit der Körperschaft-, Gewerbe- oder Grundsteuer unterliegen. Letzteres gilt allerdings vorbehaltlich der in § 64 Abs. 3 AO normierten Freigrenze von EUR 35.000,00 (brutto, d.h. inklusive Umsatzsteuer). Wird diese Freigrenze überschritten, so wird der vollständige Betrag (also ab EUR 35.001,00) der Besteuerung unterworfen. Es handelt sich also nicht um einen Freibetrag. Davon unberührt bleiben selbstverständlich Freibeträge anderer Art, wie beispielsweise der Freibetrag in Höhe von EUR 5.000,00 betreffend Körperschaftsteuer (KSt) und Gewerbesteuer (GewSt) gemäß §§ 11 Abs.1 Nr.2 KSTG i.V.m. § 3 Nr.6 GewStG.
Im Gegensatz zu den Steuerbefreiungen bei den Ertragssteuern schuldet der Verein für die von ihm erbrachten Leistungen regelmäßig Umsatzsteuer. Zwar können unter engen Voraussetzungen einzelne Befreiungstatbestände greifen, in der Regel muss der Verein allerdings Umsatzsteuer ausweisen und abführen, und dies unter Umständen auch im sogenannten ideellen Bereich.
Oftmals greift dann für Leistungen des Vereins allerdings der ermäßigte Steuersatz von 7% (§ 12 Abs. 2 UStG). Diesbezüglich ist aber besondere Vorsicht geboten, da die Voraussetzungen für die Gewährung des ermäßigten Steuersatzes aufgrund Ihrer Unvereinbarkeit mit höherrangigem Europarecht zunehmend enger ausgelegt werden, so dass Leistungen aus den Bereichen Vermögensverwaltung und Zweckbetrieb von der Rechtsprechung teilweise dem vollen Steuersatz (§ 12 Abs. 1 UStG) zugeordnet wurden. So hat beispielsweise der Bundesfinanzhof entschieden, dass „Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen, die ein gemeinnütziger Verein im Zusammenhang mit steuerfreien Seminaren erbringt, nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegen“. Bei Unsicherheiten bezüglich der richtigen umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von angebotenen Leistungen ist daher unbedingt die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts/ Fachanwalts für Steuerrecht/ Steuerberaters zu empfehlen, um – unter Umständen existenzbedrohende - Nachzahlungen zu vermeiden.
Im Rahmen der Umsatzsteuer stellt sich auch regelmäßig die Frage nach dem Vorsteuerabzug. Die Finanzämter legen oftmals einen Ihrer Prüfungsschwerpunkte auf diesen Aspekt, insbesondere wenn die Umsatzsteuererklärungen Vorsteuererstattungsansprüche ausweisen. Da die Berechtigung zum Vorsteuerabzug grundsätzlich davon abhängt, ob die Leistungen des Vereins steuerpflichtig sind oder nicht, können auch hier haftungsträchtige Unklarheiten entstehen, die mit Hilfe eines Rechtsanwalts/ Fachanwalts für Steuerrecht/Steuerberaters gelöst werden können.
Beschäftigt der Verein Arbeitnehmer, so hat der gemeinnützige Verein, wie jeder andere Arbeitgeber auch, die Lohnsteuer gemäß §§ 38 Abs.1, 41a Abs. 1 EStG einzubehalten und abzuführen. Hier ist insbesondere darauf zu achten, die vorgeschriebene Form und die gesetzlich bestimmten Fristen einzuhalten.
Juristische Personen handeln durch Ihre Organe und werden von diesen vertreten. Aus diesem Grund treffen die steuerlichen Pflichten die Vorstände als Organe des Vereins (§ 34 AO). Diese Pflichten sind umfassend und beinhalten Buchführungs-, Aufzeichnungs-, Steuererklärungs-, Auskunfts-, Vorlage-, Steuereinbehaltungs- und Entrichtungspflichten. Darüber hinaus hat der Vorstand dafür Sorge zu tragen hat, dass die Steuern, die der Verein schuldet, aus vorhandenen Vereinsmitteln vollständig und rechtzeitig entrichtet werden.
Reichen die verfügbaren Mittel nicht aus, um alle Steuerschulden rechtzeitig zu bezahlen, so gelten folgende Grundsätze: Abzugssteuern wie zum Beispiel die Lohnsteuer müssen vorrangig abgeführt werden. Im Zweifel ist der Verein dazu verpflichtet, die Nettolöhne zu kürzen, um die entsprechende Lohnsteuer abführen zu können. Bei anderen Steuerarten gilt der Grundsatz der anteiligen Tilgung. Danach muss der Verein die Forderungen des Fiskus in gleichem Umfange tilgen, wie andere Verbindlichkeiten.
Verletzt der Vorstand eine der vorstehenden Pflichten, so haftet er gemäß § 69 AO „soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden“. Gibt der Vorstand also eine Steuererklärung nicht oder verspätet ab oder zahlt er nicht auf bereits fällig gewordene Steuerschulden kann der Haftungstatbestand des § 69 AO bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit ausgelöst werden.
Eine vorsätzliche Pflichtverletzung liegt dabei vor, wenn dem Vorstand die steuerlichen Pflichten bekannt sind und er diese verletzen will beziehungsweise ihre Verletzung zumindest billigend in Kauf nimmt. Grob fahrlässig dagegen handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten und unter Berücksichtigung der konkreten Umstände verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht lässt.
Hier wird ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab angelegt, so dass es grundsätzlich auf die subjektiven Fähigkeiten des jeweiligen Vorstandmitglieds ankommt. Allerdings darf daraus nicht geschlossen werden, dass Unkenntnis oder Unfähigkeit entlastet. Der Bundesfinanzhof legt in ständiger Rechtsprechung einen besonders strengen Haftungsmaßstab an. Der Vorstand kann sich nicht auf sein eigenes Unvermögen bzw. Unwissenheit hinsichtlich der Wahrnehmung seinen Aufgaben berufen. Fühlt er sich der Aufgabe nicht gewachsen, so verlangt die Rechtsprechung, dass er von der Übernahme des Amtes absieht oder dieses niederlegt. Damit eine solche Situation nicht eintritt ist es von Vorteil, wenn der Vorstand über die erforderlichen steuerrechtlichen Kenntnisse verfügt. Im Zweifel sollte auf jeden Fall der fachkundige Rat eines Rechtsanwalts/Fachanwalts für Steuerrechts/ Steuerberaters eingeholt werden.
Liegen die Voraussetzungen des § 69 AO vor, so haftet der Vorstand persönlich mit seinem Privatvermögen. Die Finanzverwaltung kann dann Ihren Anspruch durchsetzen, indem sie einen Haftungsbescheid nach § 191 Abs.1 Satz 1 AO erlässt. Auf dessen Grundlage kann dann direkt gegen den betroffenen Vorstand vorgegangen werden, ohne dass es einer vorherigen erfolglosen Vollstreckung in das Vermögen des Vereins bedarf.
Eine vollständige Aufhebung des Haftungsrisikos des Vorstandes ist nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung nicht möglich, was zu der besonderen Brisanz des Themas für die Betroffenen beiträgt. Allerdings bieten sich mehrere Wege an, das Haftungsrisiko zumindest zu begrenzen.
Besteht der Vorstand aus mehreren Mitgliedern, so gilt zunächst der Grundsatz der Gesamtverantwortung. Das bedeutet, dass alle Vorstandsmitglieder grundsätzlich für alle Angelegenheiten des Vereins, darunter auch die steuerlichen Verpflichtungen, zuständig sind. Liegt eine Pflichtverletzung im Sinne des § 69 AO vor, so haften automatisch alle Vorstandsmitglieder.
Diese allumfängliche Haftung der Vorstände kann durch eine wirksame Ressortverteilung begrenzt werden. Erforderlich ist nach der Rechtsprechung eine vorweg getroffene, eindeutige und schriftliche Vereinbarung über die Geschäftsverteilung, aus der sich genau ergibt, welches Mitglied für welchen Bereich zuständig ist. In einer solchen Vereinbarung kann die Wahrung der steuerlichen Pflichten des Vereins einem Vorstandsmitglied übertragen werden, mit der Folge, dass grundsätzlich nur noch dieses Mitglied für Pflichtverletzungen haftet.
Eine solche Vereinbarung befreit allerdings die übrigen Vorstandsmitglieder nicht komplett von der Verantwortung. Sie haben immer noch dafür zu sorgen, dass die Erfüllung der steuerlichen Aufgaben einem kompetenten Mitglied übertragen wird. Darüber hinaus bleibt die Verpflichtung bestehen, dafür Sorge zu tragen, dass der Verein angemessen organisiert ist und die Person, der die Aufgabe übertragen wurde, ausreichend überwacht wird.
Das Haftungsrisiko kann darüber hinaus durch die Einrichtung eines freiwilligen Überwachungssystems weitestgehend minimiert werden. Es empfiehlt sich zum Beispiel mit Hilfe eines Rechtsanwalts/Fachanwalts für Steuerrecht/Steuerberaters regelmäßige Stichproben durchzuführen, um gerade in haftungssensiblen Bereichen Pflichtverletzungen auszuschließen.
Da sich die Haftung nach §§ 69, 34 AO grundsätzlich nur auf Pflichtverletzungen erstreckt, welche während der Amtszeit aufgetreten sind, bietet die Amtsniederlegung als „Sofortmaßnahme in Krisensituationen“ die Möglichkeit die Haftung zumindest für die Zukunft zu begrenzen.
Empfehlenswert ist es auch im Vorfeld Satzung, Satzungsänderungen, wesentliche Vertragsbezeichnungen und grundlegende Gestaltungsvorhaben mit der Finanzverwaltung abzuklären. Dies kann zum einen durch unverbindliche Stellungnahmen erreicht werden oder aber gemäß § 60a AO durch einen Antrag auf rechtsverbindliche Feststellung der satzungsmäßigen Anforderungen. Hierbei wird die Finanzverwaltung überprüfen, ob die Satzung des Vereins den gesetzlichen Vorgaben bezüglich der Gemeinnützigkeit entspricht, das heißt insbesondere ob der Verein tatsächlich einen steuerbegünstigten Zweck verfolgt und ob die Satzung diesbezüglich korrekt ausgestaltet ist. Diese Feststellung kann zu mehr Rechtssicherheit führen. Allerdings ersetzt diese Feststellung nicht den jährlich ergehenden Steuerbescheid. Nur er gibt endgültige Auskunft darüber, ob der Verein im Veranlagungszeitraumals steuerbegünstigt angesehen wurde oder nicht.
Denkbar ist es auch das Haftungsrisiko durch Abschluss einer entsprechenden Versicherung zu mildern. In der Literatur wird diesbezüglich oft auf die sogenannte D&O-Versicherung (Directors and Officers Versicherung) hingewiesen. Es handelt sich um eine spezielle Vermögensschadenhaftpflichtversicherung, die von Unternehmen für Ihre Organe abgeschlossen wird. In der Praxis wird diese oft für Organe von Aktiengesellschaften oder GmbHs abgeschlossen. Prinzipiell kommt sie aber auch im Bereich der Vorstandshaftung in Betracht. Da die Versicherungsprämien in der Regel vergleichsweise hoch sind, werden diese Versicherungen in der Praxis häufig nur in besonders haftungsträchtigen Fällen abgeschlossen.
Vereine sind Steuerpflichtige wie andere juristische Personen auch. Werden die steuerlichen Pflichten des Vereins nicht (rechtzeitig) oder unvollständig erfüllt, so hat dies auch (steuer-) strafrechtliche Konsequenzen, insbesondere dann, wenn eine Steuer nicht oder zu niedrig festgesetzt wird (§§ 369, 370, 378 AO). Da es in Deutschland kein Unternehmens- oder Vereinsstrafrecht gibt, treffen die Ermittlungsmaßnahmen der Steuerfahndung und der Finanzämter die jeweils verantwortlichen Vorstände persönlich. Handelt der Vorstand bei der Verletzung der steuerlichen Pflichten des Vereins also grob fahrlässig oder gar vorsätzlich, haftet er für den entstandenen Schaden nicht nur mit seinem Vermögen. Er kann und wird darüber hinaus auch zu einer entsprechenden Geld- oder Freiheitsstrafe verurteilt werden.
Stellt ein Vorstand fest, dass die steuerlichen Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt werden, oder durch einen seiner Vorgänger in der Vergangenheit nicht ordnungsgemäß erfüllt wurden, so bleibt ihm der Weg einer strafbefreienden Selbstanzeige. Diese sollte jedenfalls mit einem auf diesen Bereich spezialisierten Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht/Steuerberater vorbereitet werden, um die Straffreiheit nicht zu gefährden.
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