Steuerhinterziehung ist in Deutschland eine Straftat im Bereich des Steuerrechts. Nach dem im Grundgesetz festgeschriebenen Legalitätsprinzip ist die Ahndung von Steuerstraftaten zwingend vorgeschrieben. Gemäß § 370 AO (Abgabenordnung) droht demjenigen, der Steuern hinterzogen hat, je nach den Begleitumständen und dem Umfang der Steuerstraftat eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren und in schweren Fällen eine Strafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Auch der Versuch der Steuerhinterziehung ist strafbar. Trotz vollendeter Steuerhinterziehung kann derjenige, der Steuern hinterzogen hat, die Eröffnung eines Steuerstrafverfahrens durch Selbstanzeige vermeiden, sofern noch keine Sperrgründe (Einleitung eines Steuerstrafverfahrens, Tatentdeckung etc.) vorliegen.
Wird ein Mandant mit dem Vorwurf einer Steuerstraftat konfrontiert, kann ihm der Steuerberater eine erste sehr wertvolle und entscheidende Hilfestellung geben. Diese Maßnahmen werden möglicherweise den weiteren Verlauf maßgeblich bestimmen, weshalb hier mit Bedacht und klug vorgegangen werden muss. Zunächst sollte der Mandant über alle ihm zustehenden Rechte als Beschuldigter informiert werden. Dazu gehört vor allem das Recht, zu allen erhobenen Vorwürfen zu schweigen. Das Recht zu Schweigen gilt nicht nur für den Mandanten. Nahe Angehörige haben ein sog. Zeugnisverweigerungsrecht und dürfen ebenfalls schweigen. Gemeinsam mit dem Mandanten sollte der Steuerberater die aktuelle Situation erörtern und die weitere Strategie überlegen. Möglicherweise ist es sinnvoll, in diesem Stadium des Verfahrens Selbstanzeige zu erstatten. Manche Steuerberater empfehlen gar die Selbstanzeige für einzelne Teilbereiche. Hierbei muss der Steuerberater jedoch wissen, dass diese Selbstanzeige für die betreffende Steuerart unwirksam ist, wenn nicht alle strafrechtlich unverjährten Jahre nacherklärt werden. Darüber hinaus kann sich der Steuerberater durch so eine Empfehlung ggf. der Teilnahme an der Steuerhinterziehung oder wegen Begünstigung/Strafvereitelung strafbar machen.Findet eine Durchsuchung (Hausdurchsuchung, Durchsuchung der Geschäftsräume) statt und bittet der Mandant den Steuerberater dazu, sollte der Steuerberater dieser Bitte seines Mandanten umgehend entsprechen. Am Tag der Durchsuchung kann der Steuerberater aber wenig ausrichten und die Unterstützung durch den Steuerberater ist eher emotionaler Natur. Wenn es dem Steuerberater aber schon gelingt, dass der Mandant als Beschuldigter tatsächlich schweigt, dann ist schon viel gewonnen. Konfrontiert mit teils bewusst überzogenen Vorwürfen durch die Steuerfahnder brechen die meisten Mandanten ihr Schweigen irgendwann während der Durchsuchung. Nach der Durchsuchung kann dann mit der gebotenen Sorgfalt die Rechtmäßigkeit der Durchführung der Durchsuchung selbst und der Durchsuchungsanordnung überprüft werden.
Die Steuerhinterziehung und die drohende Strafe stehen also im Zentrum des Geschehens, wenn sich ein Mandant bei seinem Steuerberater meldet, weil beispielsweise anlässlich einer Durchsuchung ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung gegen ihn eingeleitet wurde. Natürlich ist der Steuerberater in diesem Fall für den Mandanten aufgrund des bestehenden Vertrauensverhältnisses der erste Ansprechpartner, weil er die wirtschaftlichen Verhältnisse und steuerrechtlichen Sachverhalte seines Mandanten am besten kennt und mit ihnen befasst ist. Darüber hinaus verfügt er über die Kompetenz in Sachen Steuern. In dieser Situation heißt es für den Steuerberater im Sinne seines Mandanten und auch in seinem eigenen Interesse jeden Schritt sorgfältig zu überlegen. Jetzt heißt es mit geeigneten Mitteln die Rechte des Mandanten zu sichern und mit den richtigen Entscheidungen den für den Mandanten besten Weg einzuschlagen. Von entscheidender Bedeutung ist auch die Frage, ob der Steuerberater in einem Steuerstrafverfahren als Verteidiger auftreten kann und wenn ja, in welchem Umfang er dazu befugt ist und ab wann das Hinzuziehen eines Strafverteidigers anzuraten oder notwendig ist. Die Aufgaben und Qualitäten eines Steuerberaters unterscheiden sich wesentlich von denen eines Rechtsanwalts im Strafverteidigungsverfahren. Durch die Verzahnung von materiellem Steuerrecht und der Strafpozessordnung werden im Steuerstrafverfahren besondere Kenntnisse und Erfahrungen des Verteidigers. Das berufsständige Ethos des Verteidigers gebietet es außerdem, das Mandatsverhältnis zwischen Steuerberater und seinem Mandanten zu achten. Es verlangt, über die regelmäßig weder der Hausanwalt noch der Steuerberater aufgrund ihrer Ausbildung verfügen. Die besten Ergebnisse für den Mandanten werden daher regelmäßig im Verteidigungsteam (dazu unten mehr) erzielt, indem der Verteidiger – gewissermaßen als „Puffer“ - die alleinige Kommunikation mit den Ermittlungsbehörden führt und die jeweiligen Maßnahmen und Verteidigungsstrategien ganz eng mit dem laufenden Steuerberater und dem Mandanten abstimmt.
Zumeist verlaufen das Besteuerungsverfahren und das Steuerstrafverfahren zeitlich parallel und die in beiden Verfahren ermittelnden Behörden – Finanzbehörde (Steuerfahndung, Straf- und Bußgeldsachenstelle und Staatsanwaltschaft) - sind fast immer personengleich. Zwischen dem Besteuerungsverfahren und dem Steuerstrafverfahren bestehen wesentliche Unterschiede, aber auch Berührungspunkte, die zum einen das Verhalten des Beschuldigten betreffen aber auch die Funktion des Steuerberaters. Im Besteuerungsverfahren kann der Beschuldigte nach verschiedenen Vorschriften zur Auskunft, zur Mitwirkung und zur Vorlage von Unterlagen verpflichtet werden. Diese Pflicht kann im Besteuerungsverfahren durch den Einsatz von Zwangsmitteln im Sinne des §§ 328 ff. AO (Abgabenordnung) durchgesetzt werden, beispielsweise durch die Androhung von Zwangsgeld nach § 329 AO, durch eine Ersatzvornahme nach § 330 AO oder durch die Ausübung von unmittelbarem Zwang nach § 331 AO. Anders verhält es sich im Steuerstrafverfahren nach § 136 StPO (Strafprozessordnung), in dem der Beschuldigte ein umfassendes Schweigerecht für sich in Anspruch nehmen kann. Die Ausübung von Zwangsmitteln im Besteuerungsverfahren ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn die Gefahr besteht, dass der Beschuldigte sich durch die unter Druck ermittelten und offenbarten Besteuerungstatsachen selbst belastet. Denn grundsätzlich ist es nicht ausgeschlossen, dass die im Besteuerungsverfahren erlangten Kenntnisse in das Steuerstrafverfahren einfließen. Damit würde der Beschuldigte sich selbst belasten, was dem Aussageverweigerungsrecht entgegensteht. Aus diesem Grund erklärt § 393 Abs. 1 S. 2 AO den Einsatz von Zwangsmitteln im Besteuerungsverfahren für unzulässig.
Für den Steuerberater ergeben sich daraus folgende Konsequenzen: Während er in einem Besteuerungsverfahren oft als Vermittler, ja fast als Mediator zwischen dem Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde handelt, wird seine Rolle im Strafverfahren sehr einseitig. Hier tritt er als Verteidiger für seinen beschuldigten Mandanten auf. Als solcher ist er verpflichtet einseitig die Interessen seines Mandanten zu vertreten und für die Durchsetzung seiner Rechte gegen die Behörden zu kämpfen. Um diese Aufgaben bewältigen zu können, muss er die Handlungsgebote der Strafprozessordnung und die Kniffe im Strafverfahren kennen und den Kampf mit den Ermittlungsbehörden aufnehmen. Darüber hinaus läuft der Steuerberater Gefahr, selbst sehr schnell in die Schusslinie der Staatsanwaltschaft, Steuerfahndung oder Straf- und Bußgeldstelle zu geraten. War er nämlich zur Tatzeit für den beschuldigten Mandanten tätig, kann er sehr schnell in den Verdacht der Tatbeteiligung geraten. Dieser Verdacht würde für den Steuerberater einen Ausschluss als Verteidiger nach § 138a Abs. 1 Nr. 1 StPO nach sich ziehen. Auch von Seiten des Mandanten lauern Gefahren. Manche Mandanten verteidigen sich nämlich gegen den Vorwurf der Steuerhinterziehung damit, dass sie behaupten, der Steuerberater habe von dem ihnen vorgeworfenen steuerstrafrechtlichen Verhalten gewusst oder ihnen sogar dazu geraten. Mit derartigen Aussagen verändert sich die Position des Steuerberaters, der von seiner Funktion als Verteidiger in eine nicht beabsichtigte Zeugenstellung oder gar Beschuldigtenstellung wechselt.
Dem als Alleinverteidiger agierenden Steuerberater stehen im Verfahren alle strafprozessualen Rechte uneingeschränkt zu. Das gilt für das Recht auf Akteneinsicht nach § 147 StPO ebenso wie für sein Recht auf Anwesenheit bei bestimmten Handlungen im laufenden Ermittlungsverfahren, beispielsweise bei richterlichen Vernehmungen nach § 168c Abs. 3 StPO, und er hat außerdem das Recht eigene Ermittlungen zu führen. Die Befugnis des Steuerberaters, als Verteidiger für seinen beschuldigten Mandanten aufzutreten, endet regelmäßig dann, wenn die Finanzbehörde die Ermittlungen abgeschlossen hat und die Akten der Staatsanwaltschaft vorlegt. Das kann deshalb geschehen, weil sie die Strafsache an die Staatsanwaltschaft abgibt oder diese die Strafsache an sich zieht (§ 386 Abs. 4 AO) oder weil die Strafsache nicht zur Erledigung mit Strafbefehl geeignet scheint (§ 400 AO). Die Alleinverteidigung kann wieder aufleben, wenn die Staatsanwaltschaft die Strafsache wieder an die Finanzbehörde zurücküberweist (§ 386 Abs. 4 S. 3 AO).
Die obigen Ausführungen lassen den Schluss zu, dass regelmäßig eine Mitverteidigung des Steuerberaters gegenüber einer Alleinverteidigung der Vorzug zu geben ist. Dann liegt die Bedeutung des Steuerberaters im Steuerstrafverfahren vor allem darin, dem Verteidiger und seinem Mandanten beratend zur Seite zu stehen und seine fachlichen Kenntnisse sowie besonderen Erfahrungen in das Verfahren einzubringen. Entscheidend für die gesamte Prozessführung und für den Ausgang der Verhandlung ist oftmals die Bestimmung einer Verteidigungsstrategie, für die strafprozessuale Kenntnisse sowie umfassende Verhandlungserfahrung von entscheidender Bedeutung sind. Der Verteidiger mit juristischem Background wird das steuerrechtliche Wissen seines Kollegen überaus zu schätzen wissen. Auf diese Weise kann der Steuerberater auch im Hauptsacheverfahren entscheidend dazu beitragen, die Vorwürfe gegen seinen Mandanten zu entkräften. Das berufsständige Ethos des Verteidigers gebietet es außerdem, das Mandatsverhältnis zwischen Steuerberater und seinem Mandanten zu achten.
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