Das aktuelle BMF-Schreiben vom 19.3.2020 trifft Regelungen zur Anpassung von Vorauszahlungen sowie zu Stundungs- und Vollstreckungsmaßnahmen (BMF v. 19.03.2020, Aktenzeichen: IV A 3 - S 0336/19/10007 :002).
Diese Regelungen gelten für bereits fällige und bis 31.12.2020 fällig werdende Steuern (mit Einschränkungen auch für Fälligkeiten ab 1.1.2021). Die unmittelbar und nicht nur unerheblich von der sog. Corona-Krise betroffenen Steuerpflichtigen können bis zum 31.12.2020 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Stundung der bis zu diesem Zeitpunkt bereits fälligen oder fällig werdenden Steuern sowie Anpassung der Vorauszahlungen beantragen.
Begünstigte Steuerarten sind insbesondere die
Hinweis der Steueranwälte von LHP: Für die Gewerbesteuer sind die Gemeinden zuständig, so dass das BMF-Schreiben v. 19.3.2020 nicht gilt. Aufgrund von gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Bundesländer v. 19.3.2020 können Steuerpflichtige bis zum 31.12.2020 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Herabsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für Zwecke der Vorauszahlungen stellen. Für etwaige Stundungs- und Erlassanträge ist das Steueramt der Gemeinde der richtige Adressat. Das Finanzamt ist dafür nur zuständig, wenn im jeweiligen Bundesland bzw. Stadtstaat die Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer nicht den Gemeinden übertragen worden ist.
Es gibt ein gesetzliches Verbot der Stundung in § 222 S. 3 AO u.a. für die Lohnsteuer, über das sich auch das BMF nicht hinwegsetzen könnte. Nach dieser Regelung dürfen keine "Abzugssteuern" gestundet werden, zu denen neben der Lohnsteuer auch die Kapitalertragsteuer gehört. Hier besteht die bisher ungeklärte Frage, ob dieses generelle Stundungsverbot einen verfassungswidrigen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt. Nach unserer Ansicht gibt es gute Gründe, die gegen die Verhältnismäßigkeit dieser Regelung sprechen. In geeigneten Fällen machen wir diese Unverhältnismäßigkeit künftig auch prozessual in gerichtlichen Verfahren geltend.
Wird ein Stundungsantrag für die Lohnsteuer trotz des gesetzlichen Stundungsverbots gestellt, ist dies keinesfalls eine Hinterziehung, weil keine falschen Tatsachen mitgeteilt werden. Ein offensichtlich unzulässiger (oder je nach Sichtweise offensichtlich unbegründeter) Stundungsantrag, dies wäre bei der Lohnsteuer der Fall, ändert zunächst rechtlich nichts an der Fälligkeit und Vollstreckbarkeit der Lohnsteuer. Die faktische Stundung, die sich aus der Antragstellung ergeben kann, führt jedoch zu keinem Rechtsnachteil, nur bekanntlich zu den Säumniszuschlägen auf die angemeldete LSt. Die zur Zeit engere Personaldecke der Finanzämter kann diesen faktischen Effekt verstärken.
Hinweis der Steueranwälte von LHP: Eine gewisse Liquidität bei der Lohnsteuer kann sich auch aus einer Verschiebung der Lohnzahlung auf den 1. Tag des Folgemonats ergeben:
Achtung: Ob eine solche Verschiebung der Lohnsteuer auf den Folgemonat möglich ist, wird in der Literatur unterschiedlich gesehen. So könnte eine Ansicht so zu verstehen sein, dass der Arbeitszeitraum (also der urprüngliche Monat) für die Lohnsteuer maßgebend bleibt. Hiergegen dürfte jedoch ein Urteil des BFH sprechen, welches jedoch bereits 1992 ergangen ist und aktuelle Rechtsprechung hiervon abweichen könnte. Der BFH hat sich 1992 zu dem Fall geäußert, dass sich eine konkrete Monatszahlung um einen Monat verspätet: Bei einer Verspätung auf den 2. des Folgemonats (konkret ging es um Juni/Juli) sei der Juli maßgebend (BFH, Aktenzeichen VII R 13/92). Wenn der BFH also schon im Einzelfall (die eine Zahlung kam erst am 2. des Folgemonats) keine Typisierung wie Haufe vornimmt, sollte dies wohl erst recht für eine generell vereinbarte Verschiebung (dauerhaft Lohn 1 Monat später am 1. des Folgemonats) gelten. Die weitere Rechtsprechung bleibt abzuwarten und es gibt durch dass Urteil aus 1992 keine Rechtssicherheit.
Aufgrund des Hinweises in den Formularen auf den Tatbestand der Steuerhinterziehung gem. § 370 AO sind viele Berater und Unternehmer verunsichert, welche Fallstricke sich denn nun mit diese Formular verbinden. Hier ist die Rechtslage klar: Lassen Sie sich nicht durch diesen Hinweis verunsichern. Wichtig ist, dass bei Antragstellung keine unrichtigen Angaben zur Prognose und den wirtschaftlichen Umständen gemacht werden. Die Einschätzung dieser mitgeteilten Umstände ist dann Sache des Finanzamtes. In der Regel lässt sich eine Auswirkung der sog. Corona-Krise in den meisten Branchen nicht bestreiten (Ausnahmen bestehen z.B. für die jetzt florierenden Branchen wie z.B. Lebensmittel und soziale Dienste).
Es besteht nach § 153 AO auch keine spätere Korrekturpflicht, wenn die obige Vorgabe gemäß Punkt 3. beachtet wird (richtige Angaben im Zeitpunkt der Antragstellung!). Auch Änderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen (was für alle zu hoffen ist) führen nicht für sich alleine zu einer Mitteilungspflicht. Eine Steuerhinterziehung kann sich hieraus also nicht ergeben. Wenn das Finanzamt allerdings die Stundung mit einer Auflage verbindet, kann sich hieraus eine Mitteilungspflicht ergeben. Meistens sind die Stundungen jedoch zeitlich befristet und laufen dann nach Fristablauf schlicht aus (oft z.B. 3 Monate). Dann müssen die Angaben bei der neuen Antragstellung (zwecks Verlängerung) zutreffend sein.
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