Bereits nach den geltenden Regelungen, die eigentlich v.a. für die organisierte Kriminalität gedacht waren, dürfen im Falle einer Straftat die durch die Straftat erlangten Vorteile abgeschöpft werden auch wenn eine konkrete Straftat nicht nachgewiesen werden kann. Es reicht faktisch die Vermutung, dass das Vermögen inkriminiert ist, also aus einer illegalen Quelle stammt (bzw. aus einer Steuerhinterziehung). Schon die bisherige Praxis weitet dieses Instrument jedoch weit aus und dieses wird nicht nur in der organisierten Kriminalität angewandt.
Nunmehr haben die Union und die SPD im Koalitionsvertrag zusätzlich vorgesehen, dass das Instrument der Vermögensabschöpfung verschärft werden solle. Im Falle von Vermögen unklarer Herkunft soll nun eine vollständige Beweislastumkehr eingeführt werden. Damit würde die bisherige Praxis zementiert werden und nicht nur für die organisierte Kriminalität gelten. Es ist mit weiteren rechtlichen Verschärfungen zu rechnen.
Sollte die Neuregelung kommen, würden auch viele unschuldige bzw. gutgläubige Bürger in eine Situation geraten können, in der sie allein aus Beweisschwierigikeiten Vermögen verlieren können. Werden beispielsweise an der Grenze/am Flughafen Bargeld, Schmuck oder Goldbarren aufgefunden oder bei einer Einzahlung bei einer Bank festgestellt, dass die Einzahlung nicht zu wirtschaftlichen Verhältnissen des Kontoinhabers passt, droht künftig noch öfter eine Vermögensabschöpfung. In allen diesen Fällen müsste dann der Betroffene den Negativbeweis führen, was oft sehr schwierig werden kann. Dies liegt bereits in der Natur des Negativbeweises begründet. Der Betroffene muss dann nachweisen, dass die Mittelherkunft legal ist.
Es ist nachvollziehbar, dass der Staat in Fällen organisierter Kriminalität effektiv handeln möchte und von den Betroffenen einen Nachweis verlangt. Denn es ist unverständlich, wie jemand beispielsweise mehrere Millionen Euro einzahlt, obwohl diese Person noch gar nichts erarbeitet haben kann (z.B. Alter 18 Jahre oder seit Jahren arbeitslos gemeldet).
Da jedoch keine allgemeine Pflicht besteht, die Herkunft von Vermögen jederzeit erklären zu können (erst recht besteht im Strafrecht keine Mitwirkungspflicht), haben viele Menschen Vermögen aufgebaut und dieses ggf. bisher nicht auf einem deutschen Bankkonto angelegt bzw. keine Beweisvorsorge getroffen. Schließfächer, Matratzenverwahrung oder Verwahrung im Garten sind nicht verboten solange alle steuerlichen Pflichten erfüllt worden sind. Die Neuregelung verwässert damit auch das traditionelle Strafprozessrecht.
Nunmehr droht eine Verschärfung, in der auch oft der Geschmack des staatlichen Entscheiders eine viel größere Bedeutung haben wird (aus Sicht des unschuldigen Betroffenen dürfte dies dann nicht selten als Willkür empfunden werden). Bereits die immer weitergehenderen Kontrollmitteilungen durch Banken (Geldwäschevermeidung) werden viele unschuldige Bürger unter der Neuregelung vermehrt in Nachweisprobleme bringen.
Die Steueranwälte von LHP prüfen Vermögensabschöpfungen im Einzelfall und behalten die weitere Rechtsentwicklung im Blick. Die neue Entwicklung dürfte auch unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit noch einmal zu diskutieren sein. Es ist unangemessen, viele Bürger unnötig zu verunsichern oder sogar in unnötige Beweisnot zu bringen. Damit werden insbesondere auch der Mittelschicht, die von der Union nach eigenen Aussagen ihre Hauptwählergruppe ist, erheblich die Sorgenfalten auf die Stirn getrieben.
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