Mit Urteil vom 13. November 2024 (Az. XI R 31/22) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Flugunterricht nicht als Schul- oder Hochschulunterricht im Sinne von § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG zu beurteilen und somit nicht von der Umsatzsteuer befreit ist. Das Urteil betrifft insbesondere Vereine und Flugschulen, die Schulungen zur Erlangung der Privatpilotenlizenz (PPL) anbieten.
Im vorliegenden Fall betrieb ein gemeinnütziger Verein Flugunterricht zur Ausbildung von Privatpiloten.
Der Verein erwarb im Jahr 2015 ein Flugzeug und machte den Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten in voller Höhe geltend. Dieses Flugzeug überließ der Verein zum einen seinen Mitgliedern gegen Entgelt zum Fliegen. Zum anderen nutzte der Verein das Flugzeug in den Streitjahren in der Ausbildung von Flügschülern zum Erwerb der PPL-Lizenz. Der Verein war Inhaber einer entsprechenden Erlaubnis zur Druchführung solcher Ausbildungslehrgänge.
Der Verein stellte den Flugschülern ein Entgelt für die Überlassung des Flugzeugs unter Ausweis des ermäßigten Steuersatzes sowie ein weiteres Entgelt für die Flugunterricht ohne Ausweis von Umsatzsteuer in Rechnung.
Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung versagte das Finanzamt den Vorsteuerabzug in Höhe der umsatzsteuerfreien Verwendung und nahm durch Änderungsbescheid eine Berichtigung gemäß § 15a UStG vor. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Flugunterricht als einheitliche steuerfreie Leistung zu qualifizieren sei, wodurch der Vorsteuerabzug ausgeschlossen wäre. Darüber hinaus schulde der Verein die in den Rechnungen für die Überlassung des Flugzeugs ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c UStG. Das Finanzgericht Baden-Württemberg folgte dieser Auffassung. Der BFH hob das Urteil jedoch auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück.
Der BFH stellte klar, dass die Vorschrift des 4 Nr. 22 Buchst. a) UStG richtlinienkonform auszulegen ist und der Begriff des Schul- oder Hochschulunterrichts im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL ein integriertes System der Vermittlung von Kenntnissen in einem breiten und vielfältigen Spektrum von Themen voraussetzt. Flugunterricht sei jedoch – ähnlich wie Fahrschulunterricht – auf eine spezifische Fähigkeit beschränkt und daher nicht umsatzsteuerfrei.
Entscheidend war zudem, dass die Ausbildung zur Privatpilotenlizenz primär Hobbyzwecken diene und keinen direkten Bezug zu einer beruflichen Qualifikation aufweise. Somit greift weder die Steuerbefreiung für Schul- und Hochschulunterricht noch die für berufliche Aus- und Fortbildung.
Flugschulen und Vereine müssen den Flugunterricht zur Erlangung der Privatpilotenlizenz künftig als umsatzsteuerpflichtig behandeln. Dies hat zur Folge, dass der Vorsteuerabzug auf Eingangsleistungen, wie den Erwerb und Unterhalt von Schulflugzeugen, grundsätzlich möglich ist. Die bisherige Praxis der Steuerfreiheit ist nicht mehr haltbar. Anders sind dagegen die Unterrichtsleistungen zur Erlangung der Verkehrspilotenlizenz zu beurteilen (Airline Transport Pilot Licence, kurz: “ATPL”).
Es empfiehlt sich für betroffene Flugschulen, bestehende Verträge, Abrechnungen und die umsatzsteuerliche Behandlung von Flugunterricht zeitnah zu überprüfen und anzupassen, um nachträgliche Korrekturen und mögliche Nachzahlungen zu vermeiden.
Das Urteil des BFH schafft Klarheit hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung von Flugunterricht. Die Entscheidung bestätigt, dass “spezialisierter” Unterricht, der nicht auf ein breites Wissensspektrum abzielt, nicht von der Umsatzsteuer befreit ist. Betroffene Unternehmen und Vereine sollten zeitnah ihre umsatzsteuerlichen Prozesse anpassen und sicherstellen, dass der Vorsteuerabzug korrekt berücksichtigt wird.
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