Wenn Mitwirkungspflichten verletzt werden, können folgende Wirkungen im steuerlichen Verfahren eintreten:
das Finanzamt setzt ein Zwangsgeld (§ 328 AO), ein Verzögerungsgeld (§ 146 Abs. 2c AO, zuvor § 146 Abs. 2b AO a.F.) oder ein Mitwirkungsverzögerungsgeld (§ 200a Abs. 2 AO) fest,
es wird ein Verspätungszuschlag gem. § 152 AO erhoben,
gem. § 160 AO werden bestimmte Betriebsausgaben nicht anerkannt,
die Besteuerungsgrundlagen werden gem. § 162 AO geschätzt (vgl. z.B. die umstrittene Neuregelung für den Fall, dass Daten nicht im erforderlichen Format zur Verfügung gestellt werden),
strafrechtliche oder bußgeldrechtliche Sanktionen (z. B. Strafbarkeit der Steuerhinterziehung bei Abgabe unvollständiger und unrichtiger Steuererklärungen).
Unterschied Zwangsgeld/Verzögerungsgeld:
Das Verhältnis von Verzögerungsgeld gem. § 146 Abs. 2b AO zum Zwangsgeld (§ 329 AO ) ist verfahrensrechtlich ungeklärt und die gesetzliche Regelung zeigt, dass der Gesetzgeber hierzu keine Abstimmung vorgenommen hat. Das Verzögerungsgeld kann – obwohl keine Androhung notwendig ist – gegenüber einem Zwangsgeld maximal den zehnfachen Betrag erreichen (250.000 € statt 25.000 € gem. § 329 AO). Im Unterschied zur Festsetzung eines Zwangsgeldes ist für ein Verzögerungsgeld nach dem Gesetzeswortlaut keine vorherige Androhung notwendig. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob das Zwangsgeld als das mildere Mittel erscheint. Auch wenn viele Fragen zum Verzögerungsgeld noch offen sind, ist zumindest klar, dass bei dessen Bemessung nicht auf generalpräventive Aspekte abgestellt werden darf. Dies bedeutet, dass das Verzögerungsgeld z.B. nicht damit begründet werden darf, dass ein Steuerpflichtiger im Veranlagungsverfahren öfters seine steuerlichen Mitwirkungspflichten nicht erfüllte und insofern Wiederholungsgefahr bestehe. Die angenommene potentielle Wiederholungsgefahr ist eine sachfremde Erwägung, die mit dem Zweck des Verzögerungsgeldes nicht vereinbar ist. Berücksichtigt werden dürfen insoweit allein Verzögerungen beim Steuerpflichtigen, nicht aber generalpräventive Aspekte. Weiterhin ist die Festsetzung eines Verzögerungsgeldes auch ermessensfehlerhaft, wenn das FA über den Aussetzungsantrag zur Datenüberlassung noch nicht entschieden hat, ohne Ermessenserwägungen anzustellen, warum auf die Datenanforderung vor dieser Entscheidung eine weitere belastende Maßnahme wie das Verzögerungsgeld gestützt werden kann.
Das neue sog. qualifizierte Mitwirkungsverlangen:
Die Neuregelung des qualifizierten Mitwirkungsverlangens und des Verzögerungsgeldes samt Zuschlag (§ 200a AO n.F.) sollte in den Blick genommen werden. Diese Regelung gilt für Steuerpflichtige, die ihre Mitwirkungspflichten gem. § 200 AO nicht, nicht rechtzeitig oder nicht hinreichend erfüllen. Ausnahmsweise ist statt eines üblichen Mitwirkungsverlangens gem. § 200 AO auch unmittelbar ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen zulässig, dessen nicht ordnungsgemäße Erfüllung mehrere Rechtsfolgen hat: Es ist von Gesetzes wegen ein Mitwirkungsverzögerungsgeld festzusetzen. Bei hartnäckigen Verstößen kann hierzu auch ein Zuschlag erfolgen. Zudem verlängert sich die steuerliche Ablaufhemmung von fünf Jahren gem. § 171 Absatz 4 Satz 3 erster Halbsatz AO für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt, um die Dauer der Mitwirkungsverzögerung, mindestens aber um ein Jahr (daneben sind dort weitere Verjährungsfolgen geregelt). Die Neuregelung zum qualifizierten Mitwirkungsverlangen gilt für nach dem 31.12.2024 entstehende Steuern und Steuervergütungen sowie für früher entstandene Steuern und Steuervergütungen, für die nach diesem Stichtag eine Prüfungsanordnung bekanntgegeben wird (Art. 97, § 37 Abs. 2 und Absatz 3 EGAO).
Verhältnis des neuen qualifizierten Mitwirkungsverzögerungsgeldes zum bisherigen Verzögerungsgeld gem. § 146 Abs. 2c AO: Das obligatorische Mitwirkungsverzögerungsgeld löst ab dem vorgenannten Anwendungszeitpunkt (nach dem 31.12.2025) das bisher nur im Ermessen des FA stehende Verzögerungsgeld i.S.d. § 146 Abs. 2c AO ab. In den Fällen, in denen der zeitliche Anwendungsbereich für das Mitwirkungsverzögerungsgeld eröffnet ist (Art. 4 des DAC 7-UmsG v. 20.12.2022, BGBl. I 2022, 2730 (2750)), beschränkt sich das Verzögerungsgeld des § 146 Abs. 2c AO von diesem Zeitpunkt an nur noch auf die Fälle der sog. freiwilligen Aufzeichnungen gem. § 146 Abs. 6 AO (vgl. auch die Übergangsregelung des Art. 97 § 37 Abs. 4 EGAO; vgl. Tipke/Kruse, Kommentar zur AO, Stand: 9/2025, § 200a AO Rz. 2).
In Betriebsprüfungen sollten Aufforderungen zur Mitwirkung geprüft werden, wenn dies unplausibel sind oder möglicherweise rechtliche Grenzen überschreiten. Da es sich oft um Verwaltungsakte handelt, muss dann auch ein Einspruchsverfahren geprüft werden, da Verwaltungsakte auch bei Rechtswidrigkeit zu beachten sind (Ausnahme: bei Nichtigkeit). Bei Nichtbeachtung können teure Konsequenzen eintreten (z.B. Schätzung, Verzögerungsgelder).
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