Die Auswahl des zu prüfenden Unternehmens liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Finanzamtes. Im Rahmen des § 193 Abs. 1 AO sind Außenprüfungen in den Grenzen des Verhältnismäßigkeitsprinzips und des Willkürverbots grundsätzlich unbeschränkt zulässig, so dass für die Auswahl des zu prüfenden Steuersubjekts ein weiter Spielraum besteht.
Hinweis der Steueranwälte von LHP: In der Praxis kann es bei den jeweils geprüften Unternehmern zu der (subjektiven) Wahrnehmung kommen, dass sie bei einer erneuten Prüfung (insbesondere bei einer Anschlussprüfung) intensiver als andere Steuerpflichtige geprüft werden. Hierbei ist zu sehen, dass Anschlussprüfungen bei sämtlichen Steuerpflichtigen i. S. des § 193 AO und nicht nur bei Großbetrieben grundsätzlich zulässig sind (BFH, Beschluss v. 15.10.2021 - VIII B 130/20). Ob die Auswahl im Einzelfall willkürlich und damit ermessenswidrig ist, kann nur im Einzelfall entschieden werden (z. B. wenn der Prüfer im seltenen Einzelfall einmal Rachegefühle als maßgeblichen Auswahlgrund offenbart hat).
Aktuelles Revisionsverfahren (anhängig, BFH VIII R 24/24):
Zur Zeit ist beispielweise beim BFH ein Revisionsverfahren zu der Frage anhängig, ob bei einer eher mittelgroßen und wirtschaftlich weniger bedeutenden Freiberuflersozietät, die nach der BpO als Großbetrieb eingestuft wird, lückenlose Anschlussprüfungen ohne Angabe von Gründen und ohne jede Beschränkung der Anzahl der Folgeprüfungen angeordnet werden dürfen.
Anforderungen an die Prüfungsanordnung
Im Einzelfall kann zudem die Prüfungsanordnung auf ihre Mindestanforderungen überprüft werden. Ein Einspruch macht in der Praxis allerdings nur in seltenen Fällen Sinn. Es kann ein Anruf beim Betriebsprüfer zu bevorzugen sein, um Unklarheiten zunächst zu besprechen.
Die Prüfungsanordnung muss dem Unternehmer rechtzeitig vor dem Prüfungstermin bekannt gegeben werden (in der Praxis sind dies oft 2 bis 4 Wochen. im Einzelfall kürzer).
Der Prüfungszeitraum umfasst in der Praxis meist die letzten drei Besteuerungszeiträume (vgl. § 4 Abs. 3 BpO ), für welche Erklärungen abgegeben worden sind (bei Großbetrieben soll der Prüfungszeitraum hingegen an den vorangegangen Prüfungszeitraum anschließen, § 4 Abs. 2 BpO). Zur Zulässigkeit der Erweiterung des Prüfungszeitraums hat der BFH keine hohen Hürden aufgestellt. Die Begründung einer Erweiterungsanordnung auch mit dem bloßen Verweis auf § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO ist ausnahmsweise dann ausreichend, wenn das Finanzamt dem Steuerpflichtigen die Gründe für die Erwartung nicht unerheblicher Änderungen der Besteuerungsgrundlagen bereits zuvor im Rahmen einer Besprechung mitgeteilt. Die Ausdehnung einer Außenprüfung wegen zu erwartender nicht unerheblicher Steuernachforderungen setzt bei einem Mittelbetrieb nach einem älteren Urteil voraus, dass mit einem steuerlichen Mehrergebnis von mindestens (damals) 3.000 DM (umgerechnet 1.533,87 EUR) zu rechnen ist. Geprüft werden dürfen nur die Zeiträume, die noch nicht steuerlich festsetzungs- bzw. feststellungsverjährt sind gem. §§ 169 ff. AO . Im Grundsatz beträgt die Dauer der regulären steuerlichen Festsetzungsverjährung vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO ). In Ausnahmefällen können es zehn Jahre (bei Vorsatz) oder fünf Jahre (bei Leichtfertigkeit) sein gem. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO. Die Feststellungslast für Vorsatz und Leichtfertigkeit trifft zwar als verschärfenden Umstand das Finanzamt. Allerdings ist die Frage, ob eine Steuerhinterziehung tatsächlich vorliegt, im Verfahren wegen Erlasses einer Prüfungsanordnung nicht abschließend zu prüfen. Diese Frage ist erst im Rahmen der Anfechtung der Bescheide zu klären, die aufgrund der Außenprüfung ergehen. Ergibt sich der Verdacht einer Steuerhinterziehung gem. §§ 370, 378 Abs. 1 AO vor oder während der Außenprüfung, ist mit einer Erweiterung des Prüfungszeitraums zu rechnen. Die Anordnung und Durchführung einer Außenprüfung ist jedenfalls dann rechtswidrig, wenn sicher feststeht, dass für die betroffenen Steuerarten und Besteuerungszeiträume bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist.
Die Steueranwälte von LHP prüfen im Einzelfall die Rechtmäßigkeit von Prüfungsanordnungen. Diese haben nicht nur für die Prüfung selbst, sondern z.B. auch für die Verjährungsfrage eine besondere Bedeut8ung und sollten daher in den Blick genommen werden.
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