Unternehmer sind regelmäßig nach § 18 Abs. 1 und Abs. 2 UStG verpflichtet, die Umsatzsteuervoranmeldungen bis zum 10. Tag nach Ablauf des Folgemonats an die Finanzverwaltung zu übermitteln. Zusätzlich zu den monatlichen oder vierteljährlichen Umsatzsteuervoranmeldungen müssen sie nach § 18 Abs. 3 UStG eine Umsatzsteuerjahreserklärung an das Finanzamt übermitteln. In der Umsatzsteuerjahreserklärung werden die einzelnen Umsatzsteuervoranmeldungen zu einer Jahresmeldung zusammengefasst. Die sich aus den Voranmeldungen ergebenden Beträge werden dabei auf die Jahressteuerschuld angerechnet.
In einem Massengeschäft wie der Umsatzsteuer entsteht hierbei nicht selten ein Korrektur- oder Nachholbedürfnis für diese Anmeldungen. So waren die Korrektur und die Nachholung von Umsatzsteuervoranmeldungen in der Vergangenheit – insbesondere in größeren Unternehmen – vielfach gängige Praxis. Der Gesetzgeber hat im Zuge des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes aus dem Jahr 2011 (BGBl. I 2011, S. 676) die Regelungen zur Selbstanzeige nach § 371 AO geändert, wodurch die steuerstrafrechtlichen Risiken bei der Korrektur unterlassener oder unzutreffender Erklärungen erheblich gesteigert wurden. Durch das AO-Änderungsgesetz mit Wirkung zum 01.01.2015 (BGBl. I 2014, S. 2415) hat der Gesetzgeber diese Regelungen nochmals verschärft, teilweise allerdings auch wieder erleichtert. So sieht der im Zuge dessen eingefügte § 371 Abs. 2a AO unter anderem eine Ausnahme vom sog. Vollständigkeitsgebot für Umsatzsteuervoranmeldungen vor.
LHP-Hinweis: Um steuerstrafrechtliche Risiken zu vermeiden, sollte die Korrektur von Umsatzsteuervoranmeldungen nach Möglichkeit bereits von Anfang an vermieden werden. Von einer gängigen Korrektur der Anmeldungen ist nach der Verschärfung der Regelungen zur Selbstanzeige für die Zukunft tunlichst abzusehen. Aufgrund der verschärften und für steuerstrafrechtliche Laien unübersichtlichen Regelungen zur Selbstanzeige können sich bei der Korrektur für betroffene Geschäftsführer, Prokuristen usw. erhebliche Fallstricke ergeben. Die Beratungspraxis zeigt jedoch, dass ein professionelles Management einer Korrektur diese Probleme oftmals zufriedenstellend lösen kann.
Eine Umsatzsteuererklärung steht nach § 168 AO einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Dies führt dazu, dass eine nicht rechtzeitige oder inhaltlich unzutreffend übermittelte Umsatzsteuererklärung den Tatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 AO oder zumindest den Tatbestand der leichtfertigen Steuerverkürzung nach § 378 AO erfüllt.
Die ursprünglich abgegebene Erklärung spielt dabei eine entscheidende Rolle. Je nach Art der Schuldform (Vorsatz/Leichtfertigkeit/einfache Fahrlässigkeit) entstehen für den Unternehmer unterschiedliche Konsequenzen hinsichtlich der Korrektur seiner Falschangaben. Der Grad des Verschuldens dieser Erklärung lässt sich jedoch nur anhand der Umstände des Einzelfalls beurteilen.
Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung erfordert vorsätzliches Handeln. Hierbei ist zu beachten, dass eine vorsätzliche Steuerhinterziehung bereits dann vorliegt, wenn der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs ernsthaft für möglich hält und ihn billigend in Kauf nimmt, ohne dass es ihm auf den Eintritt des Erfolgs gerade ankommen muss (sog. Eventualvorsatz).
Das Nachholen einer nicht rechtzeitig abgegebenen bzw. die Korrektur einer inhaltlich unzutreffenden Umsatzsteuererklärung kann eine sog. strafbefreiende Selbstanzeige darstellen, die dann den strengen Voraussetzungen des § 371 AO unterliegt. Die Abgabe einer zutreffenden Umsatzsteuerjahreserklärung kann nach der Rechtsprechung des BGH (5 StR 398/98) strafrechtlich sogar als eine wirksame Selbstanzeige (auch) in Bezug auf die Umsatzsteuervoranmeldungen wirken.
LHP-Hinweis: Wichtig ist zu sehen, dass eine Selbstanzeige eine personenbezogene Erklärung ist. Hingegen ist die Korrekturerklärung eine Erklärung des Unternehmers bzw. des Unternehmens (vgl. hierzu z.B. die Praxishinweise unseres Rechtsanwalts Dirk Beyer, NWB 20/2016 S. 1508 ). Dieser Unterscheidung kommt besonders dann Bedeutung zu, wenn die Korrekturerklärung einer GmbH oder AG und nicht die eines Einzelunternehmers abgegeben wird, da die Selbstanzeige dann nicht durch den Unternehmer (GmbH, AG) sondern durch den Geschäftsführer abgegeben werden müsste. Dies ist dann durch eine maßgeschneiderte Formulierung der Korrekturerklärung im Einzelfall sicherzustellen.
Seit der BGH-Entscheidung vom 20.05.2010 (1 StR 577/09) gilt das sog. Vollständigkeitsgebot. Die Wirksamkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige setzt sachlich voraus, dass alle unverjährten vorsätzlichen Steuerstraftaten einer Steuerart vollständig korrigiert werden. Gefordert wird also eine Art der „Lebensbeichte“ in einem Berichtigungsverbund. Hinsichtlich der Umsatzsteuer müssen daher sowohl die steuerpflichtigen Umsätze als auch die Vorsteuer zutreffend angegeben werden. Eine Ausnahme hiervon gilt allerdings seit dem 01.01.2015 nach § 371 Abs. 2a Sätze 1 und 3 AO für Umsatzsteuervoranmeldungen. Durch diese gesetzliche Erleichterung werden sog. Teilselbstanzeigen (insoweit) wieder wirksam, sofern keine anderen Sperrgründe im Sinne des § 371 Abs. 2 AO vorliegen. Umsatzsteuervoranmeldungen können also (theoretisch) erst einmal beliebig oft korrigiert werden. Eine früher übliche Unternehmenspraxis, Korrekturen bereits vorab in Kauf zu nehmen und mehrfach durchzuführen, kann jedoch nach heutiger Rechtslage aus verschiedenen Gründen zu unwirksamen Selbstanzeigen führen. So stellt z.B. eine überraschende Umsatzsteuer-Nachschau inzwischen einen Sperrgrund für eine Selbstanzeige dar. Eine Korrektur hätte dann keine strafbefreiende Wirkung mehr.
In zeitlicher Hinsicht ist für das Vollständigkeitsgebot in einem ersten Schritt die strafrechtliche Verfolgungsverjährung maßgeblich. Bei der Korrektur einer Umsatzsteuererklärung ist daher zunächst die strafrechtliche Verfolgungsverjährung zu ermitteln, um die zeitliche Reichweite des Berichtigungsverbunds zu ermitteln. Hierbei ist insbesondere auch der Erschwerungsgrund der Steuerverkürzung in großem Ausmaß nach § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO zu berücksichtigen, der nach § 376 Abs. 1 AO zu einer Verlängerung der strafrechtlichen Verjährungsfrist auf zehn Jahre führt.
Der Berichtigungsverbund ist für Selbstanzeigen ab dem 01.01.2015 durch die Neuregelung des § 371 Abs. 1 Satz 2 AO in einem zweiten Schritt erheblich ausgeweitet worden. Seither gilt eine sog. Mindestfrist, die den Berichtigungsverbund auf mindestens zehn Kalenderjahre ausdehnt.
Von der Steuerhinterziehung ist die leichtfertige Steuerverkürzung nach § 378 AO zu unterscheiden, die im Gegensatz zur Steuerhinterziehung keine Straftat, sondern „lediglich“ eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Die Abgrenzung der Tatbestände wird einzig auf der subjektiven Tatseite vorgenommen. Während die Steuerhinterziehung das Vorliegen von Vorsatz erfordert, genügt für die Verwirklichung des § 378 AO Leichtfertigkeit. Nach gängiger Definition handelt leichtfertig, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den besonderen Umständen des Einzelfalls und seinen individuellen Fähigkeiten und Kenntnissen imstande und verpflichtet ist, obwohl sich ihm aufdrängen musste, dass durch sein Verhalten eine Steuerverkürzung eintreten wird (BFH/V R 44/13).
Eine Berichtigungserklärung hinsichtlich einer leichtfertigen Steuerverkürzung stellt eine sog. bußgeldbefreiende Selbstanzeige nach § 378 Abs. 3 AO dar. Die Voraussetzungen an eine solche Erklärung sind deutlich milder als diejenigen für eine strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO. Insbesondere gilt für die Wirksamkeit einer bußgeldbefreienden Selbstanzeige nicht das Vollständigkeitsgebot des § 371 Abs. 1 AO mit den damit verbundenen Gefahrenquellen. Insbesondere ist bei der bußgeldbefreienden Selbstanzeige eine spätere Korrektur durch eine weitere bußgeldbefreiende -und auch strafbefreiende Selbstanzeige möglich.
Steuerverkürzungen, die weder als mindestens bedingt vorsätzlich, noch als grob fahrlässig eingestuft werden ziehen keine straf- oder bußgeldbewehrten Sanktionen nach sich. Für den Betroffenen entstehen lediglich steuerliche Berichtigungspflichten gemäß § 153 AO. Die Berichtigungserklärung ist dabei an keine besondere Form geknüpft. Sie sollte jedoch professionelle Anforderungen erfüllen. In der Beratungspraxis zeigt sich, dass in manchen Fällen die Berichtigung in Form von Steuererklärungen und in anderen Fällen eine maßgeschneiderte Formulierung optimal ist. Die Regelung des § 153 AO verlangt, dass dem Finanzamt unverzüglich (also ohne schuldhaftes Zögern) angezeigt wird, dass eine Steuererklärung unrichtig ist. Anschließend muss die Erklärung innerhalb einer angemessenen Frist korrigiert werden.
LHP-Hinweis: Kommt der Steuerpflichtige seinen Berichtigungspflichten aus § 153 AO nicht nach, kann sich hieraus der Vorwurf einer Steuerhinterziehung oder Steuerverkürzung durch Unterlassen der Berichtigung ergeben.
LHP-Hinweis: Hinsichtlich der Korrektur von Umsatzsteuererklärungen sind verschiedene Konstellationen unter Berücksichtigung des Verhältnisses der Voranmeldungen zur Jahreserklärung denkbar, wie eine solche Korrektur im Einzelfall effektiv ausgestaltet werden kann. Unsere Sozietät hat hierzu in der Fachliteratur umfangreich publiziert (z.B. Rechtsanwalt/Steuerberater Ingo Heuel und Rechtsanwalt Dirk Beyer, NWB-BBK 2015, S. 740). Eine Korrektur von Voranmeldungen sollte zügig, aber mit dem Blick für alle wesentlichen Punkte, geplant und umgesetzt werden. Die zahlreichen Fallstricke konnten an dieser Stelle nur angerissen werden. In der Beratungspraxis lassen sich die allermeisten Probleme aber oftmals durch eine Besprechung im Einzelfall lösen.
Als Rechtsanwälte und Fachanwälte für Steuer- und Strafrecht verfügen wir über ein spezifisches Know-How im Umgang mit steuerstrafrechtlichen Verfahren sämtlicher Art. Hierzu zählt insbesondere auch die Betreuung von Strafverfahren mit umsatzsteuerrechtlichem Einfluss. In diesem Bereich zeichnen wir uns durch zahlreiche erfolgreiche Verfahren und Publikationen aus. Bei der Aufarbeitung eines steuerstrafrechtlichen Sachverhalts greifen wir auf eine langjährige Erfahrung im Umgang mit den Ermittlungsbehörden, der Staatsanwaltschaft und dem Gericht zurück, die wir uns in Ihrem Sinne zunutze machen. Wir helfen Ihnen sowohl dabei den Vorwurf einer Steuerstraftat präventiv zu vermeiden, als auch effektiv abzuwehren.







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