Der Import und Export von Waren innerhalb der Europäischen Union (EU) ist durch das europäische Zollrecht reguliert. Hierfür gilt seit dem 01.05.2016 der Zollkodex der Union (UZK) und seine Durchführungsbestimmungen. Der Warenverkehr innerhalb der EU ist frei. Von Zöllen betroffen ist lediglich der Warenverkehr mit Drittländern. Jedoch gelten auch innerhalb der EU zollrechtliche Überwachungen und Einschränkungen. Hintergrund der Erhebung von Zöllen ist der Schutz finanzieller Interessen des jeweiligen Staates.
1. Grundlagen
Unter Zöllen versteht man Abgaben oder Steuern (§ 3 Abs. 3 AO), welche im grenzüberschreitenden Warenverkehr mit Drittländern zu entrichten sind. Ihre Erhebung erfolgt dabei durch die Zollverwaltung. Anknüpfungspunkt ist der Eingang der Ware in den EG-Wirtschaftskreislauf (Einfuhrzoll) bzw. dessen Verlassen (Ausfuhrzoll). Für die Höhe des zu zahlenden Zolls ist der sog. Zolltarif maßgeblich.
Die Zollbehörden verwenden für die Abfertigung und die Überwachung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs das IT-VerfahrenATLAS (Automatisiertes Tarif- und Lokales Zollabwicklungssystem). Mittels ATLAS werden Anmeldungen zum Verbringen von Waren und der anschließenden Überführung dieser in ein Zollverfahren sowie Verwaltungsakte elektronisch verarbeitet.
Die sog. EORI-Nummer (Economic Operators Registration an Identification Number) ist eine Nummer zur Identifizierung der Wirtschaftsbeteiligten und soll die automatische Zollabfertigung erleichtern. Ohne EORI-Nummer sind zollrechtliche Handlungen in der EU grundsätzlich nicht mehr möglich. So ist z.B. deren Angabe auf einer Zollanmeldung erforderlich. Die Beantragung der EORI-Nummer ist kostenlos und erfolgt auf Antrag bei der Generalzolldirektion.
2. Entstehung der Zollschuld
Hinsichtlich des Entstehens der Zollschuld ist zwischen der Einfuhrzollschuld und der Ausfuhrzollschuld zu differenzieren.
2.1 Einfuhrzollschuld
Die Einfuhrzollschuld entsteht durch die Überführung von einfuhrabgabenpflichtigen Nicht-Unionswaren in eines der folgenden Zollverfahren:
Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr, auch im Rahmen der Vorschriften über die Endverwendung,
vorübergehende Verwendung unter teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben.
Bei Unionswaren handelt es sich dagegen um Waren, die entweder ihren Ursprung in der EU haben (Ursprungswaren) oder in den freien Verkehr der EU überführt worden sind (Freiverkehrswaren).
Die Zollschuld entsteht zum Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung. Zollschuldner ist der Anmelder. Bei indirekter Vertretung ist auch die Person Zollschuldner, in deren Auftrag die Zollanmeldung abgegeben wird. Sofern Abgaben zu Unrecht nicht erhoben werden, ist Schuldner für diese Abgaben auch die Person, die die für die Zollanmeldung erforderlichen Angaben beigebracht hat und ihre Unrichtigkeit kannte oder hätte kennen müssen.
2.2 Ausfuhrzollschuld
Eine Ausfuhrzollschuld entsteht durch die Überführung von ausfuhrabgabenpflichtigen Waren in das Ausfuhrverfahren oder das Verfahren der passiven Veredelung. Die Zollschuld entsteht dabei zum Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung. Zollschuldner ist der Anmelder. Bei indirekter Vertretung ist auch die Person Zollschuldner, in deren Auftrag die Zollanmeldung abgegeben wird.
3. Zollverfahren
Die in die EU eingeführten Nicht-Unionswaren sind die beiden Zollverfahren „Überführung in ein Zollverfahren“ einerseits und das „Ausfuhrverfahren“ andererseits voneinander abzugrenzen.
Für die Überführung in ein Zollverfahren gibt es zum einen die Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr und daneben noch besondere Zollverfahren (Versandverfahren, Lagerverfahren, Verwendung, aktive und passive Veredelung).
Die Ausfuhr umfasst das Verbringen von Waren aus dem Zollgebiet der Union in ein Drittland. Es ist zwischen dem einstufigen und dem zweistufigen Verfahren zu unterscheiden. Das einstufige Verfahren findet Anwendung, wenn der Wert pro Sendung und Anmeldung 3.000,- EUR nicht übersteigt, keine Beschränkungen oder Verbote bestehen und die Ausfuhranmeldung bei der Ausgangszollstelle abgegeben wird. Hingegen wird das zweistufige Verfahren durchgeführt, wenn die Ausfuhrsendung einen Wert von über 3.000,- EUR übersteigt und/oder außenwirtschaftliche Beschränkungsmaßnahmen für die angemeldeten Waren existieren. Zuständig ist in diesem Fall neben der Ausgangszollstelle auch die Ausfuhrzollstelle.
Die Überwachung erfolgt anhand der Zollanmeldung und Zolltarifnummer. Verstöße gegen die Ausfuhrvorschriften werden nach den §§ 17 ff. Außenwirtschaftsgesetz mit hohen Freiheitsstrafen sanktioniert.
4. Zollanmeldung
Waren, die in das Zollgebiet der EU verbracht werden, unterliegen der zollamtlichen Überwachung. Eine Zollanmeldung ist erforderlich, um Waren in ein Zollverfahren zu überführen. Diese Anmeldung muss den Zollbehörden durch den Zollanmelder vorgelegt werden, um die Einhaltung von Verboten und Beschränkungen sicherzustellen. Bei der Zollanmeldung handelt es sich um eine Steuererklärung im Sinne der Abgabenordnung. Eine fehlerhafte Zollanmeldung kann eine Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung darstellen.
Im Rahmen der Zollanmeldung sind den Zollbehörden zahlreiche Dokumente beizubringen (u. a. Handelsrechnung, Beförderungspapiere, Präferenznachweise, Zollwertanmeldung, Vorpapier).
5. Zolltarif
Die zu entrichtenden Einfuhr- und Ausfuhrabgaben stützen sich auf den gemeinsamen Zolltarif der EU. Der Zolltarif ist eine Sammlung, in welcher Waren – meistens in Form von Nummerncodes – und ihre Zollsätze sowie eventuelle Maßnahmen (Einschränkungen, Verbote und Beschränkungen, Genehmigungspflichten) geregelt sind. Somit kommt der Zolltarifnummer eine Schlüsselfunktion zu.
Die wichtigsten Zolltarife sind die Wertzollsätze, die die Zollbelastung in Prozent des Warenwerts ausdrücken. Der Zollwert, der für die Berechnung der Zollschuld zugrunde gelegt wird, basiert auf dem Transaktionswert der eingeführten Ware.
Es besteht auch die Möglichkeit, eine verbindliche Zolltarifauskunft einzuholen. Erforderlich hierfür ist ein Antrag beim Hauptzollamt Hannover. Darüber hinaus muss die Ware Gegenstand einer Amtshandlung des Zolls sein oder werden. Zwar ist der Antrag kostenlos, jedoch muss der Antragsteller eventuell anfallende Kosten für Analysen oder Muster übernehmen. Diese Auskunft ist verbindlich sowohl für den Antragsteller und dessen Stellvertreter sowie für die Zollbehörden in der gesamten EU. Die regelmäßige Gültigkeitsdauer beträgt grundsätzlich drei Jahre, eine Rückwirkung ist nicht möglich.
6. Zollwertrecht
Die vorrangige Grundlage für den Zollwert von Waren ist der Transaktionswert. Transaktionswert ist dabei der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Union tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis im Zeitpunkt des Verkaufs zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Union, welcher noch um bestimmte Hinzurechnungen oder Kürzungen anzupassen ist.
Sofern der Zollwert nicht nach dem Transaktionswert berechnet werden kann, ist es alternativ auch möglich, auf den Transaktionswert gleicher Waren oder den Transaktionswert ähnlicher Waren abzustellen.
7. Abgabenerhebung
Der Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag wird von den örtlich zuständigen Zollbehörden, festgesetzt, sobald die erforderlichen Angaben vorliegen. Anschließend wird dem Zollschuldner die Zollschuld mitgeteilt. Die Verjährungsfrist der Zollschuld beträgt drei Jahre ab dem Tag ihres Entstehens. Die Abgabenentrichtung ist grds. Voraussetzung für die Überlassung der Ware. Die Zollbehörden können auf Antrag gegen Leistung einer Sicherheit einen Zahlungsaufschub gewähren.
Neben der Zollschuld wird u.U. noch Einfuhrumsatzsteuer fällig. Die Einfuhrumsatzsteuer fällt nach § 1 Abs.1 Nr. 4 UStG bei der Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg an. Sofern sich an diese Einfuhr jedoch eine innergemeinschaftliche Lieferung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG i.V. m. §§ 4 Nr. 1b, 6a UStG anschließt, ist die Einfuhr steuerfrei, sodass keine Einfuhrumsatzsteuer entsteht.
8. Hinterziehung von Zöllen
Einfuhr- und Ausfuhrabgaben sind nach § 3 Abs. 3 AO Steuern gleichgestellt, sodass auch eine Zollhinterziehung nach § 370 AO strafbar ist. Eine Zollhinterziehung liegt vor, wenn Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben verkürzt werden. Zuständig für deren Verfolgung sind die Hauptzollämter sowie die Zollfahndung.
Beispiele für Zollhinterziehung:
Verletzung von Pflichten
Falsche Deklarierung eines Fahrzeugs als Übersiedelungsgut
Hinterziehung von Einfuhrabgaben: Entstehung der Zollschuld, wenn falsche Angaben gemacht werden, die zu einer unrechtmäßigen Zollbefreiung führen.
Überführung in den freien Verkehr
Anmeldung von Waren mit zu niedrigem Preis bei der Rückreise nach Deutschland
Hinterziehung von Einfuhrabgaben durch die falsche Angabe des Kaufpreises; Entstehung der Zollschuld bei Überführung in den freien Verkehr
Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung
Gestellung der Waren direkt beim Empfänger ohne ordnungsgemäße Beendigung des Versandverfahrens
Hinterziehung der Zollschuld durch Hinderung der Zollbehörde an den vorgesehenen Prüfungen
Vorschriftswidriges Verbringen
Ablieferung der Waren direkt auf das Unternehmensgeländer ohne Anmeldung beim Zoll
Hinterziehung von Einfuhrabgaben durch die fehlende Beförderung der Waren zur zugelassenen Stelle
Neben der Zollhinterziehung sind im Zollstrafrecht insbesondere der Bannbruch (§ 372 AO), der gewerbsmäßige, gewaltsame und bandenmäßige Schmuggel (§ 373 AO), die Steuerhehlerei (§ 374 AO), die Steuergefährdung (§ 379 AO) und die Gefährdung der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben (§ 382 AO) relevant.
9. Selbstanzeige
Eine Selbstanzeige wie § 371 AO für die Steuerhinterziehung kennt der Unionszollkodex nicht, jedoch findet die Selbstanzeige nach § 371 AO entsprechend Anwendung, da Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach § 3 Abs. 3 AO Steuern gleichgestellt sind. Sofern die Voraussetzungen für eine solche Selbstanzeige vorliegen, ist es für den Steuerpflichtigen noch möglich, Straffreiheit zu erlangen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 22 Abs. 4 Außenwirtschaftsgesetz ist ebenfalls die Abgabe einer Selbstanzeige möglich. Voraussetzung hier ist jedoch, dass – anders als bei § 371 AO – lediglich eine Ordnungswidrigkeit gegeben ist. Vergleichbar ist die Regelung daher mit der ebenfalls im Zollrecht anwendbaren bußgeldbefreienden Selbstanzeige nach § 378 AO. Schließlich kann nach Maßgabe des § 153 AO eine Berichtigungserklärung abgegeben werden. Bedingung ist insbesondere hier die unverzügliche Anzeige nach Erkennen des Fehlers. Zudem darf der Steuerpflichtige nicht vorsätzlich gehandelt haben.
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