Ist ein Abfindungsanspruch nach dem Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen, kann darin grundsätzlich keine Schenkung an die verbliebenen Gesellschafter gesehen werden, so dass Pflichtteilsansprüche nicht in Betracht kommen. Eine Schenkung wird aber in der Regel nur zu verneinen sein, wenn der Abfindungsanspruch nach dem Gesellschaftsvertrag für den Todesfall für sämtliche Gesellschafter ausgeschlossen ist. Dagegen wird nach der Rechtsprechung eine Schenkung bejaht, wenn bei den Gesellschaftern eine unterschiedliche Lebenserwartung vorliegt.
Ein Abfindungsausschluss kann z.B. insbesondere bei einer 2-Mann-Gesellschaft zu einer nicht zu billigenden Umgehung des Pflichtteilsrechts führen. In diesem Falle ist zu prüfen, ob doch noch ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zu bejahen ist. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn ein todkranker Gesellschafter mit einer viel jüngeren Ehefrau und Alleinerbin eine Offene Handelsgesellschaft (OHG) gründet und der Gesellschaftsvertrag vorsieht, dass bei dem Tod eines Gesellschafters der andere berechtigt sein soll, die Gesellschaft ohne Abfindung fortzuführen und der Ehemann dann sein wertvolles Einzelunternehmen in diese Gesellschaft einbringt. Kinder aus z.B. einer ersten Ehe könnten aufgrund der Vermögensverlagerung durch den Gesellschaftsvertrag eine Schenkung an die zweite Ehefrau sehen und gegen die Ehefrau Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend machen. Obwohl das Gesellschaftsrecht dem Erbrecht vorgeht und das Interesse an der Fortführung des Unternehmens über den Tod des Gesellschafters hinaus beachtenswert ist, und zwar unter möglichst weitgehender Vermeidung von Abfindungsansprüchen, ist eine gemischte Schenkung anzunehmen. Eine Schenkung scheidet zwar aus, soweit in der Übernahme des Haftungsrisikos und der Mitarbeit durch die Ehefrau eine Gegenleistung zu sehen ist. Im Übrigen liegt aber eine Schenkung vor, wobei auch die unterschiedliche Lebenserwartung beider Eheleute zu berücksichtigen ist. Soweit eine Schenkung zu bejahen ist, kommen die Kinder aus erster Ehe mit Pflichtteilsergänzungsansprüchen zum Zuge. Hätte der Erblasser vor seinem Tode den Gesellschaftsvertrag nicht geschlossen, sondern das Unternehmen verkauft, wäre der Verkaufserlös aber in vollem Umfange in den Nachlass gefallen. Den Kindern aus erster Ehe stünden Pflichtteilsansprüche ungeschmälert zu. Dagegen führt die gesellschaftsrechtliche Beteiligung der zweiten Ehefrau, auch in diesem Extremfall, zu einer zumindest teilweisen Ausschaltung der Pflichtteilsansprüche.