Sobald der Prüfer den Verdacht hat, dass sich Hinweise für eine Straftat wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gem. § 266a StGB ergeben, wird er die zuständige Ermittlungsbehörde einschalten. Diese ist das örtlich zuständige Hauptzollamt und die Staatsanwaltschaft. Das Hauptzollamt wird auf der Basis der Berechnungen des Prüfers einen strafrechtlichen Bericht anfertigen und diesen dann an die Staatsanwaltschaft übersenden. Diese entscheidet dann, ob es sich um einen Sachverhalt handelt, der beim zuständigen Amts- oder Landgericht in einem Strafverfahren anzuklagen ist. Gleichzeitig wird das Hauptzollamt oder der Staatsanwalt auch das Betriebsstätten-Finanzamt bzw. die Steuerfahndung informieren. Diese Behörden prüfen dann, ob sich auch der Verdacht der Hinterziehung der Lohnsteuer ergeben könnte. Auch insofern entscheidet der Staatsanwalt dann im Rahmen seiner Anklage.
In „kleineren” Fällen kommt es nicht zu einer Anklage, sondern zu einem sog. Strafbefehl. In der Praxis gelingt es in der Verteidigung – abgesehen vom Hauptziel der Einstellung des Strafverfahrens – auch, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage gem. § 153a StPO zu beenden (Vorteil: dies ist keine Strafe und es erfolgt kein Eintrag in das sog. Führungszeugnis). Hierzu müssen dann die fälligen Beiträge zur Schadenswiedergutmachung geleistet werden. Dies kann u. U. in Raten geschehen. Zudem sollte der Verteidiger darauf hinwirken, dass erhebliche Säumniszuschläge von 12 % pro Jahr (teilweise) erlassen werden. Hier entscheidet jedoch der Einzelfall.
Jede strafrechtliche Verurteilung, ein Strafbefehl, aber auch eine Einstellung des Strafverfahrens gem. § 153a StPO kann u. U. zu negativen Konsequenzen führen: Es erfolgen Eintragungen im sog. „Führungszeugnis” oder auch in Korruptionsregistern (je nach Bundesland), so dass ggf. öffentliche Aufträge ausbleiben werden. Für Unternehmer und Berufe, die einer Berufsaufsicht unterliegen, können sich neben strafrechtlichen Sanktionen auch berufsrechtliche Folgen ergeben. Besonders betroffen sein können z. B. Ärzte, Apotheker, Steuerberater und Rechtsanwälte. Für (Hobby-) Jäger droht aufgrund mangelnder Zuverlässigkeit nicht selten der Verlust des Jagdscheins (Waffenbesitzerlaubnis).
Es ist mit Kontrollmitteilungen an das Finanzamt zur Prüfung der Lohnsteuer zu rechnen. Hier können sich im Einzelfall bußgeld- oder strafrechtliche Vorwürfe ergeben.
Der BGH hat seine Rechtsprechung zur strafrechtlichen Verjährung des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt gem. § 266a StGB (sog. „Sozialversicherungsbetrug“) entscheidend zugunsten des Beschuldigten geändert (BGH, Beschluss v. 1.9.2020, Az.: 1 StR 58/19). Nach früherer BGH-Rechtsprechung begann die strafrechtliche Verjährung erst dann, wenn die Beitragspflicht erloschen war. Da die Leistungspflicht nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV abgabenrechtlich jedoch erst nach 30 Jahren erloschen ist, bestand nach dieser früheren BGH-Rechtsprechung eine unverhältnismäßig lange strafrechtliche Verjährung. Zusammen mit der strafrechtlichen Verjährungsdauer ergab sich somit in zahlreichen Fällen des § 266a StGB eine strafrechtliche Verjährung von mindestens 35 Jahren. Diese Rechtsprechung ist nun nicht mehr maßgeblich. Nach der neuen Rechtsprechung – die auch rückwirkend gilt – sind Taten nach § 266a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 StGB bereits zum Fälligkeitszeitpunkt nach § 23 Abs. 1 SGB IV beendet, so dass bereits dann die strafrechtliche Verjährung beginnt. Nach dieser Vorschrift sind die Beiträge jeweils zum drittletzten Bankarbeitstag eines Monats zu entrichten. Somit beginnt die fünfjährige Verjährungsfrist an diesem Tage für jeden Beitragsmonat sind (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB).
Die Rechtsanwälte von LHP prüfen im Einzelfall, ob bereits während der Prüfung eine Besprechung mit den Behörden sinnvoll sein kann mit dem Ziel einer streitabkürzenden Einigung. Im bestimmten Fällen können sich auch sozialversicherungs- und lohnsteuerrechtliche Nacherklärungen/Korrekturerklärungen anbieten. Zu sehen ist aber, dass die strafbefreiende Wirkung einer steuerlichen Selbstanzeige nach Beginn einer Prüfung ausgeschlossen ist gem. § 371 Abs. 2 AO, jedoch strafmildernd sein kann. Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Nacherklärungen können dann unter Umständen dennoch eine strafmildernde Wirkung entfalten wenn die sich ergebenden Beträge bezahlt werden.
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