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BFH: Die derzeitige BMF-Richtsatzsammlung ist keine zweifelsfreie Schätzungsgrundlage

Der BFH hat sich in seinem Urteil vom 18.06.2025 kritisch mit der BMF-Richtsatzsammlung auseinandergesetzt (X R 19/21). Hierbei stellte er fest: Die Eignung dieser Datensammlung für eine Schätzung im Wege des äußeren Betriebsvergleichs ist sehr in Frage zu stellen. 

1. Um diesen Fall ging es:

Die Diskothek des Klägers wurde geschätzt, da die Kassenführung unstreitig formell ordnungswidrig war und eine Schätzungsbefugnis dem Grunde nach bestand. Das FG hatte die Schätzung nach einer früheren Zurückverweisung nunmehr allein auf die Richtsatzsammlung gestützt (FG Hamburg, Urteil v. 13.10.2020, 2 K 218/18). 

2. So entschied der BFH

Eine Schätzung mittels der BMF-Richtsatzsammlung ist als äußerer Betriebsvergleich schon generell eine unsichere Schätzungsmethode und daher nachrangig gegenüber einem inneren Betriebsvergleich (z.B. im Wege einer Nachkalkulation). Das FG hätte als Vorinstanz dem Kläger Gelegenheit geben müssen, seine Rezepturen für eine Nachkalkulation als Form des inneren Betriebsvergleichs vorzulegen. Weiterhin habe das FG auch nicht darlegt, warum es eine Diskothek der Gewerbeklasse „Gaststätte“ zuordnet. 

Weiterhin erläuterte der BFH seine fundierte Kritik an der BMF-Richtsatzsammlung:

  • Die Finanzverwaltung darf zur Ermittlung von betrieblichen Vergleichsdaten Datenbanken aufbauen und verwenden. Diese Datenbanken müssen nicht allgemein zugänglich sein. Sie müssen jedoch Mindestanforderungen an die Qualität der Datenerfassung erfüllen und Gerichte müssen dies bei Bedarf durch Rückfragen sicherstellen. 

  • Die Stichprobenauswahl muss repräsentativ, unverzerrt und deshalb allein zufallsgesteuert sein. Dies ist bei der BMF-Richtsatzsammlung derzeit nicht der Fall. Denn die Auswahl zu prüfender Betriebe orientiert sich allein an den rechtmäßigen Zwecken einer Außenprüfung und sei auch bei der sog. Computer-Zufallsauswahl der Betriebsprüfung niemals ausschließlich zufällig. 

  • Zweifel hat der BFH an der Repräsentativität auch aufgrund des Umstandes, dass Daten von Verlustbetrieben von vorneherein nicht in die BMF-Richtsatzsammlung einfließen (wobei die Herausnahme der unteren und oben 10% dies möglicherweise kompensiere). 

3. Hinweise der Steueranwälte von LHP für die Praxis

Der BFH hält es für möglich, in Einzelfällen erheblich unzureichender Aufzeichnungen auf die Richtsatzsammlung zurückzugreifen, wenn sonst keine andere Schätzungsmethode verbleibt. Diese Frage ist jedoch nicht abschließend geklärt und die Steueranwälte von LHP prüfen alle Möglichkeiten des Vorgehens im Einzelfall. In allen Fällen, in denen Schätzungen wesentlich (auch) auf die BMF-Richtsatzsammlung gestützt werden, sollte  ein Einspruch und Antrag auf Aussetzung der Vollziehung geprüft werden. Offen bleibt, ob die BMF-Richtsatzsammlung für eine bloße Verprobung eines anderweitig gefundenen Ergebnisses genutzt werden kann. 

Die Steueranwälte von LHP prüfen im Einzelfall die Möglichkeiten der Abwehr einer Schätzung z.B. im Rahmen eines Gesprächs mit der Betriebsprüfung (teilweise mit dem Ziel einer Einigung), durch Einspruch oder notfalls durch Klage beim Finanzgericht. Auf dieser Grundlage sollte dann im Einzelfall die geeignete Vorgehensweise festgelegt und bei Bedarf situativ angepasst werden.

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