Versicherungsmakler geraten immer öfter in den Fokus der Betriebsprüfung der Finanzämter. LHP gibt hier erste wichtige Hinweise für die Praxis.
Die Steueranwälte von LHP vertreten Unternehmen in Betriebsprüfungen. Hierbei sind jeweils die branchenspezifischen Besonderheiten zu beachten. Öfters ins Visier der Betriebsprüfung geraten zB. auch Versicherungsmakler. Hier möchten wir unseren Mandanten erste Hinweise zur Praxis von Betriebsprüfungen geben. Diese können eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzen, sollen aber Gesichtspunkte aufzeigen, die im Rahmen einer Erstberatung besprochen werden können.
Die Regelprüfung geschieht in gewissen Zeitabständen, welche auch von der Größenklasse, der Personalkapazität der Betriebsprüfungsstelle und zB. Zufallskriterien abhängig ist. Hingegen kann die sog. Anlassprüfung aus besonderem Grund angeordnet werden, also zB.
Eine besondere Fundgrube für Betriebsprüfer sind Kontrollmitteilungen von Geschäftspartnern. So ist es üblich, dass im Vermittlungsgewerbe Provisionen an den Tippgeber für die Zuführung eines Kunden gezahlt werden. Das Finanzamt des Tippempfängers schreibt ggf. eine Kontrollmitteilung an das Finanzamt des Tippgebers, damit dieses die dortige Besteuerung der Provision überprüfen kann.
Die steuerliche Außenprüfung (Betriebsprüfung) ist in §§ 193 ff. AO geregelt. Es handelt sich um ein steuerliches Ermittlungsverfahren aufgrund einer besonderen Prüfungsanordnung. Meist sind 3 zusammenhängende Jahre betroffen. Im Einzelfall können auch mehr Jahre geprüft werden. Will der Betriebsprüfer von der verlängerten Verjährung Gebrauch machen, um den Prüfungszeitraum zu erweitern, muss er Umstände darlegen, die für eine Hinterziehung in diesem Sinne sprechen.
Praxishinweis: Bloße Behauptungen „ins Blaue hinein“, es liege Vorsatz oder Leichtfertigkeit vor, um frühere Zeiträume auszuforschen, genügen nicht. Es kann dann ein Einspruch gegen die Prüfungserweiterung geboten sein.
Die Praxiserfahrung zeigt, dass es besser ist, im Gespräch mit dem Prüfer zu bleiben und so Missverständnisse zu vermeiden. Sachverhalte können bei auftauchenden Fragen schneller erklärt und Fehlinterpretationen vermieden werden.
Praxishinweis: Der Steueranwalt hält laufend Kontakt zum Prüfer. So kann er auch „zwischen den Zeilen lesen“.
Der Versicherungsmakler hat einen Anspruch, dass ihn der Prüfer während der Prüfung über die festgestellten Sachverhalte informiert (§ 199 Abs. 2 AO). Sollte der Prüfer plötzlich jedoch schweigen bzw. unter einem Vorwand den Prüfungsort verlassen, kann dies im Einzelfall darauf hinweisen, dass der Prüfer mit der Strafsachenstelle klären möchte, ob ein Anfangsverdacht einer Steuerstraftat besteht.
Damit die Betriebsprüfung möglichst rund läuft, ist die Erarbeitung einer Strategie dringend anzuraten. Eine Schlussbesprechung ohne einen Plan wird unnötig teuer. Hierzu sollte zB. die Gesprächsführung geplant werden, insbesondere wenn der Steueranwalt zusätzlich zum laufenden Steuerberater hinzugezogen wird. Die verhandel- und nicht verhandelbaren Positionen und ein Mindestziel sind vorab festzulegen und die Argumente für die einzelnen Punkte gewichtet werden.
Praxishinweis: Ob eine Teilnahme des Sachgebietsleiters an der Besprechung zweckmäßig ist, hängt vom Einzelfall ab. Ist der Vorgesetzte dabei, so kann dies bei manchen Prüfern den Druck erzeugen, sich eher förmlich und unnachgiebig zu zeigen. Allerdings sind manche Sachgebietsleiter auch bereit, eine pragmatische Lösung zu suchen.
Wenn am Ende des Gesprächs streitige Punkte verbleiben, kann eine tatsächliche Verständigung bei umstrittenen Sachverhalten in Betracht gezogen werden. Allerdings ist nur eine Einigung über den Sachverhalt und nicht über die Steuerlast oder steuerrechtliche Fragen zulässig.
Praxishinweis: Wenn bereits ein Steuerstrafverfahren eingeleitet worden ist, sollte auch gleichzeitig hierfür eine Lösung gesucht werden (sog. doppelte Verständigung). Dies ist aber nicht zwingend. Im Einzelfall kann es sich in Absprache mit dem Mandanten auch anbieten, ein Strafverfahren streitig auszufechten.
Einen abschließenden Prüfungskatalog gibt es nicht. Allerdings ergeben sich steuerliche Besonderheiten ich bei Versicherungsmaklern insbesondere aus den jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen mit dem Versicherungsunternehmen. Denn diese haben zB. Auswirkung auf den richtigen Zeitpunkt der ertragsteuerlichen Erfassung. Auch ist oft der Nachweis von Betriebsausgaben und die Erfassung geldwerter Vorteile ein Prüfungspunkt. Hierzu im Einzelnen:
Beim Versicherungsmakler ist zu unterscheiden, ob er eine Einnahme-Überschuss-Rechnung macht oder bilanziert:
Praxishinweis: Besonderheiten sind im Einzelfall zu beachten und führen in der Praxis immer wieder zu Diskussionen. So kann die Entstehung des Provisionsanspruchs vertraglich abhängig sein z.B. von der Zahlung der ersten Jahresprämie durch den Versicherungsnehmer, von der Zahlung einer bestimmten Anzahl von Monatsprämien oder der Zahlung der Abschlussgebühr. Teuer kann ein Fehler bei der zeitlichen Erfassung werden. Denn wird die Provision in einem zu späten Besteuerungszeitraum erfasst, können sich bei späterer Korrektur durch den Betriebsprüfer Nachzahlungszinsen gem. § 233a AO von 6% p.a. ergeben.
Das Versicherungsunternehmen bucht meist einen bestimmten Anteil der verdienten Provisionen als sog. Stornoreserve auf einem besonderen Konto. Auch hier sollte auf die genaue zeitlich zutreffende Erfassung der Einnahmen geachtet werden.
Praxishinweis: Maßgebend sind die vertraglichen Vereinbarungen. Falls der der Versicherungsmakler bilanziert, muss die Stornoreserve als Forderung aktiviert werden. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob ggf. eine Rückstellung für eine Stornoquote zu bilden ist. Bei einer Einnahme-Überschuss-Rechnung ist ein Zufluss anzunehmen, wenn der Anspruch fällig ist.
Alle Sachleistungen und Nutzungsvorteile sind als Betriebseinnahmen zu berücksichtigen. Hierzu gehören zB. Incentive-Reisen, Boni, Sonderzahlungen, erstattete Reisekosten
Praxishinweis: Besondere Vorsicht ist geboten: Wenn der Versicherungsmakler den Wert der Incentive-Reise trotz der Auflistung in der Provisionsabrechnung nicht als Betriebseinnahme ansetzt, wird ihm der Prüfer erst recht Vorsatz vorwerfen. Bei Vorsatz kann sich die steuerliche Festsetzungsverjährung auf 10 Jahre verlängern.
Handelt es sich um ein häusliches Arbeitszimmer, so sind die entsprechenden steuerlichen Abzugsbeschränkungen zu beachten (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG). Hierbei handelt es sich um ein häufiges Diskussionsthema. Denn ob ein Zimmer ein Arbeitszimmer ist oder nicht, wird von Unternehmer und Finanzamt oft unterschiedlich gesehen. Grundsätzlich gilt: Je mehr das Büro im selbst genutzten Wohnhaus nach außen erkennbar dem Kundenverkehr dient, desto mehr spricht gegen ein häusliches Arbeitszimmer.
Praxishinweis: Die Steueranwälte von LHP schauen im Einzelfall, welche Indizien gegen ein häusliches Arbeitszimmer sprechen, wie etwa ein getrennter Eingang und eine fehlende unmittelbare räumliche Verbindung zum privaten Bereich. Es entscheidet eine Gesamtbetrachtung im Einzelfall.
Steuerlicher Nachteil: Wenn es sich um ein häusliches Arbeitszimmer handelt, gehen Prüfer bei Versicherungsmaklern oft davon aus, dass der Tätigkeitsschwerpunkt im Außendienst liege und daher nur ein Abzug von Betriebsausgaben bis zu 1.250 Euro pro Jahr zulässig sei.
Praxishinweis: Maßgebend ist, so die Steueranwälte von LHP, ob der qualitative Tätigkeitsschwerpunkt bei einer Gesamtbewertung der Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer liegt (BFH v. 15.10.2014, VIII R 8/11, HFR 2015, 914). Der Prüfer darf sich somit nicht nur auf einen Teilaspekt der Tätigkeit stützen und die Tätigkeit muss insgesamt gewertet werden. Zudem gelten die o.g. besonderen Abzugsbeschränkungen des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG nicht für sog. Einrichtungsgegenstände (z.B. Schreibtisch), die nach den normalen steuerlichen Regelungen abzugsfähig sind (entweder direkt oder AfA).
Provisionszahlungen an Dritte sind nichts Rechtswidriges, sondern notwendige Zahlungen im Versicherungsgewerbe. Zahlungen an Tippgeber und Untervertreter sind damit notwendig.
Praxishinweis: Die Steueranwälte von LHP weisen darauf hin, dass diese Betriebsausgaben sind in der Praxis jedoch nicht immer gegenüber dem Finanzamt durchsetzbar sind, wenn der Versicherungsmakler keine Beweisvorsorge getroffen hat.
Betriebsprüfer stützen die Versagung der Betriebsausgaben teilweise auf die Regelung des § 160 AO. Nach dieser Vorschrift kann das Finanzamt (aufgrund Ermessens) den Betriebsausgabenabzug versagen, wenn die Empfänger einer bestimmten Betriebsausgabe nicht vom Unternehmer plausibel benannt werden.
Praxishinweis: Der Versicherungsmakler sollte daher genau und zeitnah dokumentieren, an wen er die Unterprovisionen gezahlt hat. Es kann später auch zu Interessenkollisionen kommen: In den Fällen, in denen die Tippgeber die Unterprovision nicht ihrerseits als Betriebseinnahme besteuert haben, streiten sie den Empfang später ggf. ab.
Bei erheblichen Zweifeln an der tatsächlichen Zahlung von Unterprovisionen kann auch das Risiko eines Steuerstrafverfahrens bestehen. Es ist aber ein Unterschied, ob sich eine Zahlung nicht mehr beweisen lässt (das ist keine Hinterziehung) oder ob diese tatsächlich nicht erfolgte, aber als Betriebsausgabe geltend gemacht wurde (= Hinterziehung).
Der Betriebsprüfer wird durch einen inneren Betriebsvergleich die erklärten innerbetrieblichen Kennzahlen gegenüberstellen und kann hierbei Schwankungen im Rohgewinn feststellen. Sollten diese Schwankungen nicht plausibel sein, wird der Prüfer hierfür eine Erklärung verlangen. Auch kann einer einen äußeren Betriebsvergleich durchführen. Hierbei wird er die erklärten innerbetrieblichen Kennzahlen mit den Durchschnittswerten anderer Unternehmen der Maklerbranche vergleichen. Auffällige Abweichungen im Rahmen des äußeren Betriebsvergleichs sind erklärungsbedürftig. Der Prüfer hat verschiedene Quellen, ob Vergleichsdaten zu erhalten. Vergleichszahlen für den äußeren Betriebsvergleich kann der Prüfer z.B. aus den Kostenstrukturanalysen des statistischen Bundesamtes, den Betriebsvergleichen des Instituts für Handelsforschung (ifh) in Köln und den Daten der Berufsorganisationen beziehen.
Praxishinweis: Trotz aller statistischer Werte kann nur der einzelne konkrete Betrieb maßgebend sein, um die erklärten Besteuerungsgrundlagen zu überprüfen. Entscheidend ist das Unternehmen und seine Besonderheiten (wie z.B. Marktzugang, Personalstruktur, Etablierung, Marketingaktivitäten etc.).
Wenn die die Buchführung nicht ordnungsgemäß ist, kann das Finanzamt auch unter Heranziehung der Richtsatzsammlung eine (Ergänzungs-) Schätzung vornehmen. Hierzu müssen aber die Voraussetzungen einer Schätzung gem. § 162 AO im Einzelfall vorliegen. Die Steueranwälte von LHP wehren unberechtigte Schätzungen ab, indem sie auf die fehlenden Schätzungsvoraussetzungen hinweisen. Der Prüfer muss seine Befugnis zur Schätzung dem Grunde und der Höhe nach nachvollziehbar begründen, wobei die Schätzung einzelfallbezogen und realitätsgerecht sein muss. Dies hat der Bundesfinanzhof in 2015 nochmals ausdrücklich bestätigt. Dies bedeutet, so die Steueranwälte von LHP, dass bloße Vermutungen, die Gewinnermittlung sei unvollständig, selbstverständlich nicht genügen.
Das Besteuerungs- und das Steuerstrafverfahren sind rechtlich selbständige Verfahren und grundsätzlich voneinander unabhängig (§ 393 Abs. 1 Satz 1 AO). Steuerfahnder haben kraft Gesetzes eine Doppelfunktion. Einerseits prüfen sie im Besteuerungsverfahren, können aber jedoch auch als Beamte der Strafverfolgung handeln. Daher ist es rechtsstaatlich geboten, dass der Beamte jeweils deutlich macht, ob er mit seiner jeweiligen Maßnahme im Besteuerungs- oder Strafverfahren tätig ist. Unzulässig ist es, wenn der Beamte den Versicherungsmakler hierüber im Unklaren lässt und hierbei die Befugnisse der AO mit denen der StPO kombiniert bzw. sich aus beiden Verfahrensordnungen die „Rosinen heraussucht“. Ein solches Vorgehen wäre rechtsstaatlich intransparent und würde den Beschuldigten über seine Rechte und Pflichten irreführen. Hingegen darf er beide Verfahren parallel führen und dann auch entsprechend die jeweiligen Befugnisse der AO oder StPO nutzen. Der Beschuldigte hat im Strafverfahren ein strafrechtliches Schweigerecht Hingegen besteht im Besteuerungsverfahren grundsätzlich kein Auskunftsverweigerungsrecht. Vielmehr ist der beschuldigte Unternehmer im Besteuerungsverfahren weiterhin zur Mitwirkung verpflichtet (§§ 90 ff. der Abgabenordnung), wobei diese Mitwirkungspflicht allerdings nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens nicht mehr durch Zwangsmitteln (also Zwangsgeld oder Zwangshaft) durchgesetzt werden darf (§ 393 Abs. 1 Satz 2 AO). Der Bundesfinanzhof hat festgestellt, dass eine Schätzung im Normalfall kein unzulässiges Zwangsmittel ist. Eine Ausnahme kann bei unzulässigen Strafschätzungen bestehen, die jedoch nur im Ausnahmefall vorliegen.
Praxishinweis: Aufgrund der Doppelgleisigkeit der Verfahren achtet der Steueranwalt darauf, dass das Besteuerungs- und das Strafverfahrens koordiniert ablaufen. Dem Versicherungsmakler ist nicht damit gedient, dass er später eine teure Strafe zahlen muss, mit der er bei einer früheren steuerlichen Einigung nicht gerechnet hatte.
Nicht immer ist eine Einstellung des Strafverfahrens gem. § 170 Abs. 2 StPO (als optimales Ziel) oder ein Freispruch bei Gericht erreichbar. Dies kann einerseits an der Beweislage, aber auch an den begrenzten finanziellen Mitteln des Beschuldigten für eine effektive Verteidigung liegen. Oder der Beschuldigte möchte kein langes Verfahren ertragen. Der Verteidiger wird dann versuchen, über eine Einstellung gegen Zahlung einer Geldauflage gem. § 153a StPO zu verhandeln, bevor es zu einem Strafbefehl oder eine Anklage kommt. Eine Geldauflage statt eines Strafbefehls oder einer Anklage setzt aber neben der Geldauflage oft voraus, dass die zutreffenden Steuern zur Schadenswiedergutmachung geleistet werden.
Eine gut vorbereitete Strategie ist eine wichtige Grundlage für eine geräuschlose Betriebsprüfung. Die Praxis zeigt, dass eine Kooperation von Steueranwälten wie bei LHP mit dem laufenden Steuerberater optimale Ergebnisse erzielen kann. Hierzu gehört insbesondere eine effektive Vorbereitung der Schlussbesprechung und der laufende Kontakt mit dem Prüfer. Die Besonderheiten des jeweiligen Versicherungsmakler-Unternehmens sollten beachten und herausgearbeitet werden. So können Schätzungen am besten abgewehrt werden. Notfalls sollten fristgerechte Einsprüche gegen die Steuerbescheide eingelegt werden. Ergeben sich Anzeigen für ein Steuerstrafverfahren, so behalten wir auch dieses gleichzeitig im Blick und steuern gegen. Dem Unternehmer ist nicht damit gedient, wenn eine steuerliche Lösung gefunden wird, aber später ein teures Steuerstrafverfahren „hochploppt“.
An der Pauluskirche 3-5,
50677 Köln,
Telefon: +49 221 39 09 770
Tödistrasse 53, CH-8027 Zürich,
Telefon: +41 44 212 3535