Mit der zunehmenden Globalisierung steigt auch das Interesse der Finanzbehörden an bestehenden Auslandsbeziehungen von Steuerzahlern. Trotz des steigenden Interesses der Finanzbehörden an diesbezüglichen Informationen, bleibt den Finanzbehörden eine „Fahndung auf eigene Faust“ in der Regel verwehrt. Die allgemeinen Regeln des Völkerrechts sehen insoweit eine Beschränkung von hoheitlichen Befugnissen auf das jeweilige Staatsgebiet vor. Diese Beschränkung von Amtshandlungen auf das eigene Hoheitsgebiet (sog. Territorialitätsprinzip) gilt sogar dann, wenn der Betroffene in eine entsprechende Amtshandlung durch die Finanzbehörde eingewilligt hat, sodass die Finanzbehörden selbst bei Vorliegen einer Einwilligung des Steuerpflichtigen an der Ermittlung von grenzüberschreitenden Sachverhalten gehindert sind. Finanzbehörden kommen damit in der Regel nur mit Hilfe der sogenannten Rechtshilfe und Amtshilfe auf internationaler Ebene an Informationen über bestehende Auslandsbeziehungen von Steuerzahlern.
Zur Aufklärung von grenzüberschreitenden Sachverhalten hat die internationale Zusammenarbeit auch im Steuer- und Steuerstrafrecht daher an zunehmender Bedeutung gewonnen. In den letzten Jahren kam es daher zu bedeutenden Änderungen im Bereich der Rechts- und Amtshilfe auf internationaler Ebene. Die Änderungen gingen einher mit der gleichlaufenden Anerkennung von allgemein geltenden Standards zur Zusammenarbeit und der Anerkennung des zwischenstaatlichen Auskunftsaustauschs durch zahlreiche Staaten.
Siehe auch:
Sind Gruppenanfragen deutscher Finanzämter in der Schweiz zulässig?
Schweizer Bankkonten: Gruppenanfragen werden zulässig
Amtshilfe, Rechtshilfe Schweiz, Gruppenanfragen
Strafrechtliche Entdeckungsrisiken wegen Gruppenanfragen und automatisiertem Auskunftsverkehr
Die internationale Rechtshilfe ermöglicht den Austausch von Informationen zwischen Justizbehörden verschiedener Länder. Mit Blick auf die Rechtshilfe im Steuer- und Steuerstrafrecht kommt es also in einer strafrechtlichen Angelegenheit zur Unterstützung durch einen anderen Staat in einem ausländischen Verfahren.
Bei der internationalen Amtshilfe erfolgt dagegen ein Austausch von Informationen zwischen Verwaltungsbehörden verschiedener Länder. Behörden unterstützen sich gegenseitig im Besteuerungsverfahren. Häufiger Gegenstand der Amtshilfe sind Auskunftsbegehren der Finanzbehörden, mit denen diese das Ziel verfolgen, an Informationen über bestehende Auslandsbeziehungen der Steuerzahler zu kommen.
Häufig sind grenzüberschreitende Sachverhalte mit den Mitteln, die das nationale Recht zur Verfügung stellt, nicht vollständig zu erfassen. Die Verwaltung ist aber verpflichtet einen Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (sog. Ermittlungspflicht). Diese Pflicht besteht auch über bestehende Staatsgrenzen hinweg. Damit kommt es zu einem Auseinanderfallen der Pflicht auch einen grenzüberschreitenden Sachverhalt vollständig zu ermitteln und der durch das Territorialitätsprinzip beschränkten Handlungsbefugnisse der Finanzverwaltung.
Das Auseinanderfallen von Aufklärungspflichten der Verwaltung auf der einen, und der Beschränkung hoheitlicher Befugnisse auf der anderen Seite, führt somit zu der Notwendigkeit umfassender Regelungen der Rechts- und Amtshilfe, um eine umfassende internationale Zusammenarbeit zu ermöglichen.
Die Rechtsgrundlagen für die Rechtshilfe ergeben sich aus einem innerstaatlichen Gesetz, dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG); daneben bestehen völkerrechtliche Vereinbarungen und bilaterale Rechtshilfeabkommen. Ferner ist für den Fall, dass keine Rechtsbeziehungen bestehen, auch eine vertragslose Rechtshilfe vorgesehen.
Rechtsgrundlagen für die Amtshilfe finden sich neben innerstaatlichen Regeln – hier gelten insbesondere die Regelungen aus der Abgabenordnung (AO) – in bilateralen Vereinbarungen, wie beispielsweise Doppelbesteuerungsabkommen und dem EU-Amtshilfegesetz (EGAHiG).
Aufgrund der Änderungen des internationalen Amtshilfeverkehrs durch die Änderungen des EU-Amtshilfegesetzes vom 26.06.2013 wird die Amtshilfe im Bereich der Steuerstrafverfahren auch in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Durch das EU-Amtshilfegesetz wurde zunächst der Anwendungsbereich der Amtshilfe deutlich erweitert. Wo die Amtshilfe ursprünglich allein im Hinblick auf die Festsetzung von Steuern möglich war, kann Amtshilfe nunmehr auch im Hinblick auf die Erhebung von Steuern ersucht werden. Deutliche Änderungen zeigen sich auch bei der Ausgestaltung der Amtshilfe, beispielsweise soll für die ersuchte Finanzbehörde in Zukunft eine Ermittlungspflicht bestehen. Bestimmte Informationen, wie beispielsweise Vergütungen aus unselbständiger Arbeit, Aufsichtsrats- oder Verwaltungsratsvergütungen, Lebensversicherungsprodukte, hohe Gehälter, Eigentum an unbeweglichem Vermögen und Einkünfte daraus, sollen außerdem ab dem Jahr 2015 von den Finanzbehörden automatisch übermittelt werden.
Nachdem die Schweiz die Anerkennung der allgemeinen Standards zur Zusammenarbeit und den zwischenstaatlichen Auskunftsaustausch lange verweigert hat, konnte sie sich dem steigenden Druck aufgrund der immer lauter werdenden Forderungen nach einer Zustimmung zur Auskunftserteilung nach allgemeinen Standards in den letzten Jahren nicht länger verschließen.
Daher steht Deutschland in Zukunft der Weg zur Beschaffung von Beweismitteln aus der Schweiz sowohl über die Rechtshilfe, als auch über den Weg der Amtshilfe frei. Dies gilt allerdings nur soweit, als die Informationen für ein Strafverfahren verwendet werden sollen (sog. Spezialitätsvorbehalt). Sollen Informationen außerhalb eines Strafverfahrens verwendet werden, muss ein Rückgriff auf die Amtshilfe erfolgen. Ein Rechts- oder Amtshilfeersuchen soll die Schweiz nur noch dann verweigern können, wenn das Ersuchen auf Informationen gestützt wird, die nach dem Recht des ersuchten Staates mittels strafbarer Handlung beschafft worden sind oder darauf beruhen (beispielsweise, wenn das Ersuchen auf Informationen von einer sog. Steuer-CD´s, also auf gestohlenen Bankdaten, beruht).
a. Rechtshilfe Deutschland - Schweiz
Für die Zustimmung zu einem strafrechtlichen Rechtshilfegesuch fordert die Schweiz das Vorliegen eines Abgabenbetruges, d.h. jemand muss durch ein arglistiges Verhalten bewirken, dass dem Gemeinwesen unrechtmäßig eine Abgabe in einer erheblichen Höhe vorenthalten wird. Die bloße Nichterklärung von Einkünften aus Kapitalvermögen reicht hierfür nicht aus. Erforderlich sind ganz besondere Machenschaften oder die Errichtung eines ganzen Lügengebäudes. Als Beispiele hierfür werden oft genannt: die Zwischenschaltung von Domizilgesellschaften zusammen mit manipulierten Rechnungen oder die Verwendung von Scheinrechnungen. Die bloße Zwischenschaltung von Domizilgesellschaften/Briefkastengesellschaften zur Verschleierung von Eigentumsverhältnissen ist nicht ausreichend.
Dabei gilt, dass die Informationen, die aufgrund der Rechtshilfe erlangt wurden, nicht zur Festsetzung von Steuern im ersuchenden Staat verwendet werden dürfen. Dies gilt auch dann, wenn ein Fall von Steuerbetrug vorliegt.
b. Amtshilfe Deutschland – Schweiz und Guppenanfragen
Ursprünglich leistete die Schweiz überhaupt keine Amtshilfe.
Erst in Fällen des Steuerbetruges, der nach dem 1.1.2004 begangen wurde, leistet dieAmtshilfe (Revisionsprotokoll vom 12.3.2002 zum DBA Deutschland/Schweiz). Die Amtshilfe war hiernach also nur in Fällen möglich, in denen gefälschte, verfälschte oder inhaltlich unwahre Urkunden zur Täuschung der Steuerbehörden verwendet wurden („kleine Auskunftsklausel“).
Aufgrund der Einführung einer sog. „Großen Auskunftsklausel“ im Jahr 2011 leistet die Schweiz nunmehr auch Amtshilfe unabhängig vom Vorliegen eines Steuerbetruges. Ab 2011 können neben einem Ersuchen auf Erteilung von Bankauskünften, nunmehr auch Auskünfte, die zur Durchsetzung des innerstaatlichen Rechtes des auskunftssuchenden Staates notwendig sind, angefragt werden. Das Bankgeheimnis ist damit praktisch aufgehoben. Dies gilt allerdings nur für Informationen, die sich auf einen Zeitraum ab dem 01.01.2011 beziehen. Für die Finanzbehörden bedeutet dies, dass sie keine Möglichkeit haben, das Ersuchen auf schon laufende Ermittlungen auch für die Jahre vor 2011 zu erweitern. Allerdings besteht die Möglichkeit für Finanzbehörden Rückschlüsse aus den Ermittlungen ab 2011 auch für bereits vergangene Jahre zu ziehen. Nach dem DBA ist die strafrechtliche Verwertung der Informationen zulässig.
Ferner besteht nunmehr die Möglichkeit für Finanzbehörden über sog. "Gruppenanfragen" in der Schweizan Auskünfte zu kommen. Die Identifikation der von der Amtshilfe betroffenen Person erfolgt hier allerdings nicht durch den ersuchenden Staat, sondern durch den Informationsinhaber im ersuchten Staat. Solche Gruppenanfragen sind zulässig für Sachverhalte ab dem 01.02.2013. Auch hier gilt allerdings - wie bei der großen Auskunftsklausel -, dass das Ersuchen nicht rückwirkend auf Sachverhalte gerichtet werden kann, die vor dem Jahr 2013 liegen.
Das steigende Interesse von Finanzbehörden an bestehende Auslandsbeziehungen von Steuerzahlern gleich welcher Form kann Steuerpflichtigen unter Umständen Unbehagen bereiten, und zwar insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige unvollständige oder unwahre Angaben gegenüber dem Finanzamt gemacht hat. Dann befindet sich der Steuerpflichtige möglicherweise in einer Zwickmühle.
Um den Steuerpflichtigen aus einer solchen Zwickmühle zu befreien, bietet sich zunächst die Möglichkeit Ermittlungen der Finanzbehörden über den Weg der internationalen Rechts- und Amtshilfe von vorne herein zu verhindern. Dies gilt auch für den Fall, dass aufgrund von aktuellen Ermittlungen Rückschlüsse für bereits vergangene Jahre gezogen werden könnten. Falls die Finanzbehörden bereits in den Besitz von Informationen gelangt sind, die darauf hindeuten, dass der Steuerpflichte unvollständige oder unwahre Angaben gemacht hat, sollte versucht werden eine Nutzung beziehungsweise Verwertung der Informationen durch die Finanzbehörden zu verhindern.
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