In einem internationaler werdenden Umfeld gewinnt das Thema der Betriebsstätte zunehmend an Bedeutung, da Betriebsstätten Anknüpfungspunkt für die Begründung einer Steuerpflicht in Deutschland sind. Dem steuerlichen Laien fällt es häufig schwer zu erkennen, ob eine Betriebsstätte begründet wurde und welche steuerlichen Konsequenzen daraus resultieren.
An das Vorliegen einer Betriebsstätte knüpfen sich eine Reihe von Rechtsfolgen, die es zu beachten gilt. Wird das Vorliegen einer Betriebsstätte verkannt, kann dies schwerwiegende Folgen haben, denn dann bleiben bestehende steuerliche Pflichten in einem Land unter Umständen unbemerkt und münden in steuerlichen Streitigkeiten oder gar steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Nachfolgend sollen wesentliche Elemente des Begriffs der Betriebsstätte erläutert werden. Nicht leichter wird die richtige Einordnung durch die Verwendung unterschiedlicher Begrifflichkeiten und Rahmenbedingungen zwischen nationalen deutschen Steuerrecht und dem Abkommensrecht (Doppelbesteuerungsabkommen).
Betriebsstätten sind in ihrer Rechtsnatur – sowohl im Zivilrecht als auch im Steuerrecht (hier jedoch mit wichtigen Einschränkungen, vgl. Fiktion des § 1 Abs. 5 S. 2 AStG) – ein unselbständiger Teil eines Gesamtunternehmens, indem sich zumindest ein Teil des unternehmerischen Geschehens ereignet.
Hinsichtlich der Definition wird in innerstaatliches Recht und Abkommensrecht unterschieden:
Innerstaatliches Recht
Im innerstaatlichen Recht ist der Begriff der Betriebsstätte in § 12 AO geregelt. In diesem Paragrafen findet sich eine allgemeine Definition der Betriebsstätte (Satz 1) gefolgt von nicht abschließenden Regelbeispielen (Satz 2), die als bindende Teildefinition anzusehen ist, da die Einzelfälle teilweise über die allgemeine Definition hinausgehen (z. B. § 12 S. 2 Nr. 1, 8 AO).
Voraussetzung für das Vorliegen einer Betriebsstätte nach § 12 S. 1 AO ist eine
Unter dem Begriff der Geschäftseinrichtung ist jeder körperliche Gegenstand (Sache) und jede Zusammenfassung von Sachen (Sachgesamtheit) zu verstehen, die Grundlage für die Tätigkeit des Unternehmens ist. Dies können beispielsweise Räumlichkeiten (z. B. Gebäude, Hallen, Zimmer, Zelte) oder abgegrenzte bzw. abgrenzbare Flächen (Lager, Bauplätze, Standplätze) sein. Anlagen sind lediglich eine Unterart der Geschäftseinrichtung unter der Fabriken, Werkstätten, Maschinen, Automaten zu verstehen sind.
Das Tatbestandsmerkmal „fest“ verlangt, dass die Geschäftseinrichtung einen auf Dauer angelegten Bezug zu bestimmtem Teil der Erdoberfläche aufweist, d. h. die Geschäftseinrichtung muss sich für eine gewisse Zeit an derselben Stelle befinden. Zusätzlich muss eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung vorliegen, beispielsweise in Folge eines geschlossenen Mietvertrages für ein Gebäude.
Die Geschäftseinrichtung muss der Tätigkeit des Unternehmens dienen, d. h. es muss eine eigene unternehmerische Tätigkeit entfaltet werden. Wird eine Geschäftseinrichtung (z. B. ein Gebäude) einem anderen Unternehmer für dessen Geschäftstätigkeit überlassen, so würde es an der unmittelbaren Förderung des eigenen Unternehmens fehlen.
Nach der nicht abschließenden Aufzählung des § 12 S. 2 AO sind Betriebsstätten insbesondere die Stätte der Geschäftsleitung, Zweigniederlassungen, Geschäftsstellen, Fabrikations- oder Werkstätten, Warenlager, Ein- oder Verkaufsstellen, Bergwerke, Steinbrüche oder andere Stätten zur Gewinnung von Bodenschätzen. Auch Bauausführungen oder Montagen können als Betriebsstätte gelten, wenn deren Dauer sechs Monate überschreitet.
Abkommensrecht
Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen bestehen zwischen Deutschland und anderen Vertragsstaaten Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Die DBA orientieren sich im Regelfall am OECD-Musterabkommen.
Im OECD-Musterabkommen wird der Begriff der Betriebsstätte in Art. 5 exemplarisch definiert. Es wird wie folgt unterschieden:
Die Voraussetzungen für eine Betriebsstätte nach Abkommensrecht sind nur zum Teil mit der nationalen Begriffsbestimmung vergleichbar. Die auffallendsten Abweichungen sind die negativ Abgrenzungen für das Vorliegen einer Betriebsstätte (Abs. 4, 4.1) sowie die zeitliche Komponente für das Begründen einer Betriebsstätte bei Bau- und Montagebetriebsstätten. Nach dem OECD-Musterabkommen wird eine Betriebsstätte im Fall von Bau- und Montageausführungen begründet, wenn die Dauer von zwölf Monaten überschritten wird. Nach nationalem Recht sind es dagegen nur sechs Monate (§ 12 Satz 2 Nr. 8 AO).
Im internationalen Kontext spielt der Begriff der Betriebsstätte nach § 12 AO in folgenden Gesetzen eine besondere Rolle:
Abgabenordnung
Wer eine Betriebsstätte – egal ob im Inland oder im Ausland – eröffnet, verlegt oder aufgibt, hat dies gemäß § 138 Abs. 1 AO, § 138 Abs. 2 AO der Gemeinde, in der die Betriebsstätte eröffnet wurde, mitzuteilen. Die Gemeinde unterrichtet anschließend unverzüglich das zuständige Finanzamt.
Die Frist für die Meldung über die Eröffnung, Verlegung oder Aufgabe einer Betriebsstätte im Inland beträgt einen Monat nach dem meldepflichtigen Ereignis, vgl. § 138 Abs. 4 AO.
Die Meldung über die Eröffnung einer Betriebsstätte im Ausland hat in der Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungserklärung zu erfolgen. Spätestens jedoch bis zum Ablauf von 14 Monaten nach Ablauf des Besteuerungszeitraums / Kalenderjahrs, vgl. § 138 Abs. 5 AO.
Außensteuergesetz
Im Außensteuergesetz (AStG) sind die § 1 Abs. 1, Abs. 5 AStG sowie die Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BSGaV) im Hinblick auf die Betriebsstättengewinnaufteilung zu beachten. Die Gewinnaufteilung muss unter zwingender Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes erfolgen. Es ist zu beachten, dass die Betriebsstätte in diesem Zusammenhang grundsätzlich wie ein eigenständiges und unabhängiges Unternehmen zu behandeln ist, vgl. § 1 Abs. 5 S. 2 AStG.
Einkommensteuer, Körperschaftsteuer
Im Rahmen der Einkommensteuer sowie der Körperschaftsteuer sind die § 49 Abs. 1 Nr. 2 a) EStG, § 34c EStG, § 34d Nr. 2 a) EStG hervorzuheben. Die Regelungen des Einkommensteuergesetzes gelten über § 8 Abs. 1 S. 1 KStG auch für die Körperschaftsteuer.
Das Vorliegen einer Betriebsstätte im Inland begründet die beschränkte Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. a) EStG.
Die Einkünfte, die in einer ausländischen Betriebsstätte erzielt werden, können – sofern anwendbar – im Rahmen der Anrechnung berücksichtigt werden, vgl. § 34c EStG, § 34d Nr. 2 a) EStG.
Gewerbesteuer
Eine Betriebsstätte im Inland unterliegt auch der Gewerbesteuer, vgl. § 2 Abs. 1 S. 3 GewStG. Darüber hinaus kennt das Gewerbesteuergesetz eine eigene Kürzungsvorschrift, vgl. § 9 Nr. 3 GewStG. Nach dieser Norm, darf nur der Gewerbeertrag, welcher von einer inländischen Betriebsstätte erwirtschaftet wird, der Gewerbesteuer unterliegen.
Lohnsteuer
Durch eine inländische Betriebsstätte liegt die Arbeitgebereigenschaft i. S. d. § 38 Abs. 1 Nr. 1 EStG vor.
In diesem Zusammenhang ist die Richtlinienstelle R 38.3 Abs. 4 LStR hervorzuheben. Nach Auffassung der Finanzverwaltung liegt die Arbeitgebereigenschaft auch dann vor, wenn nach dem jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen keine Betriebsstätte begründet wird. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass eine Lohnsteuerabzugsverpflichtung besteht, wenn Deutschland das Besteuerungsrecht für den vom Arbeitnehmer erwirtschafteten Arbeitslohn besitzt.
Im Abkommensrecht ist der Begriff der Betriebsstätte im Rahmen der Zuordnung der Besteuerungsrechte von wesentlicher Bedeutung. Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaates können nur dann im anderen Vertragsstaat besteuert werden, wenn die Geschäftstätigkeit durch eine dort belegene Betriebsstätte ausgeübt wird, vgl. Art. 7 Abs. 1 S. 2 OECD-MA 2017. Falls im Vertragsstaat des Stammhauses ebenfalls eine Versteuerung der Gewinne vorgenommen wird, so muss eine Doppelbesteuerung über die Freistellungsmethode (Art. 23A Abs. 1 OECD-MA 2017) oder Anrechnungsmethode (Art. 23B Abs. 1 OECD-MA 2017) vermieden werden.
Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung im Internationalen Steuerrecht beraten wir unsere Mandanten regelmäßig in grenzüberschreitenden Fragen des Steuer- und Gesellschaftsrechts insbesondere und umfassend auch zum Thema Betriebstätten im In- und Ausland. Unsere für das Internationale Steuerrecht besonders qualifizierten Rechtsanwälte/Steuerberater/Fachanwälte für Steuerrecht beherrschen zudem die gängigen Fremdsprachen. Sollte es erforderlich sein, lösen wir Konflikte mit den Finanzämtern und Steuerfahndungsstellen auch im Ausland.






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